Anwendungsbeobachtungen
Anwendungsbeobachtungen (AWB) dienen dem zusätzlichen Erkenntnisgewinn über die Anwendung bereits registrierter oder zugelassener Arzneimittel.
Was unterscheidet Anwendungsbeobachtungen von anderen Bewertungen?
Anders als die Wirksamkeits- und Nutzenbewertung von Arzneimitteln, die im Auftrag des Gemeinsamen Bundesausschusses (G‑BA) und im Rahmen des Zulassungsverfahrens umgesetzt wird, sind Anwendungsbeobachtungen sogenannte ‚nicht-interventionelle Prüfungen‘ und können somit sowohl von Universitätskliniken und Forschungseinrichtungen als auch von Apotheker:innen, Arzt:innen und pharmazeutischen Unternehmen durchgeführt werden. Denn es besteht zwar eine Pflicht zur Anzeige und Übermittlung beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM; Arzneimittel) oder Paul-Ehrlich-Institut (PEI; Impfstoffe), eine Genehmigungspflicht wie bei klinischen Prüfungen ist jedoch nicht erforderlich.
Wodurch ist eine ‚nicht-interventionelle Prüfung‘ gekennzeichnet?
Bei einer ‚Nicht-Intervention‘ wird die Therapie einschließlich der Diagnose und Überwachung entsprechend der üblichen ärztlichen Behandlungspraxis durchführt. Sofern es sich um ein zulassungspflichtiges oder nach § 21a Abs. 1 AMG genehmigungspflichtiges Arzneimittel handelt, erfolgt die Behandlung gemäß den in der Zulassung festgelegten Vorgaben. Ein Arzneimittel darf demzufolge nicht zu dem Zweck verordnet werden, einen Patienten in eine Anwendungsbeobachtung einzuschließen. Die Verordnung eines Arzneimittels und die Teilnahme der Patient:innen an einer Anwendungsbeobachtung müssen getrennt voneinander erfolgen.
Wo können Anwendungsbeobachtungen eingesehen werden?
Die Datenbank zu gemeldeten Anwendungsbeobachtungen steht der Öffentlichkeit auf den jeweiligen Webseiten der zuständigen Bundesoberbehörden zur Verfügung:
- BfArM: http://awbdb.bfarm.de
- PEI: www.pei.de/db-awb
Welche Daten müssen den Bundesbehörden übermittelt werden?
Informationen zu Ort, Zeit, Ziel und Beobachtungsplan, Erhebungsbögen der Anwendungsbeobachtung müssen dem BfArM bzw. PEI angezeigt werden. Darüber hinaus muss die aktuelle Fachinformation des Arzneimittels angefügt werden. Die zuständige Bundesoberbehörde verlangt innerhalb eines Jahres nach Abschluss der Datenerfassung bei Untersuchungen mit Arzneimitteln, die zur Anwendung bei Menschen bestimmt sind, die Zusendung eines Abschlussbericht — in elektronischer Form.
Welchen Nutzen haben Anwendungsbeobachtungen?
Als Instrument, der im Arzneimittelgesetz (§ 67 Abs. 6 AMG) verankerten ‚Produktbeobachtungspflicht‘, erweitern AWB nicht nur den Wissensstand zur Anwendung von Arzneimitteln unter Alltagsbedingungen (z.B. Beobachtungen zu Therapietreue, Begleiterkrankungen etc. und deren Auswirkungen auf die Wirksamkeit), sondern stellen auch ein wichtiges Instrument der Arzneimittelsicherheit für pharmazeutische Hersteller dar.
Warum sind stetige Kontrollen so wichtig für die Arzneimittelsicherheit?
Die Kenntnisse über die Sicherheit von Arzneimitteln sind zum Zeitpunkt ihrer erstmaligen Zulassung nicht vollständig. Dies ergibt sich vor allem daraus, dass die klinische Erprobung eines Arzneimittels an einer relativ geringen Zahl von Patient:innen durchgeführt wird. Diese Patient:innen sind zudem unter verschiedenen Aspekten für die klinische Prüfung besonders ausgewählt worden und repräsentieren in der Regel nicht den Durchschnittspatienten in Arztpraxen. Seltene oder sehr seltene unerwünschte Wirkungen, Wechselwirkungen oder andere Gefahren im Zusammenhang mit der Arzneimittelanwendung können also in klinischen Prüfungen üblicherweise nicht erkannt werden. Insbesondere schwerwiegende seltene unerwünschte Wirkungen sind für die Gesamtbewertung eines neuen Arzneimittels von großer Bedeutung. Neue Erkenntnisse über die Sicherheit von Arzneimitteln können sich auch noch lange Zeit nach ihrer Zulassung ergeben und hängen von neuen Entwicklungen in der medizinischen Wissenschaft ab.
Wer sammelt und bewertet Daten zur Arzneimittelsicherheit?
In Deutschland sammeln und bewerten Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte sowie das Paul-Ehrlich-Instituts (PEI), konkret die Abteilungen Arzneimittelsicherheit, Berichte zu unerwünschten Nebenwirkungen von Arzneimitteln, Impfstoffen für Mensch und Tier und biomedizinischen Medikamenten. Wenn nötig, treffen die ExpertInnen des Instituts die erforderlichen Maßnahmen zum Schutz von Patient:innen beziehungsweise der Tiere.
Wer meldet Informationen zur Arzneimittelsicherheit?
Grundsätzlich kann jeder einen Verdacht auf eine Arzneimittel-Nebenwirkung melden. Pharmazeutische Unternehmen sind dazu verpflichtet, wichtige Informationen zur Sicherheit von Arzneimitteln in Absprache mit der zuständigen Bundesoberbehörde umgehend an Ärzte und Apotheker weiterzugeben (Rote-Hand-Briefe). Zulassungsinhabern, Angehörigen der Gesundheitsberufe sowie Betroffene und deren Angehörigen können beispielsweise dem PEI (nebenwirkungen.bund.de/nw) melden.