GKV-Spitzenverband
Der GKV-Spitzenverband ist die Dach- und Lobbyorganisation der gesetzlichen Krankenkassen in Deutschland. Damit ist er für die wettbewerbsneutralen Aufgaben der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung in Deutschland, Europa und auf internationaler Ebene der Gesetzlichen Krankenversicherer zuständig.
Diese Tätigkeitsfelder umfasst die Arbeit des GKV-Spitzenverbands:
- Rahmenbedingungen für die gesundheitliche und pflegerische Versorgung mitentwickeln
- Interessenvertretung der gesetzlich Versicherten gegenüber Leistungserbringenden und Politik
- Zuständigkeit für Finanzierungsfragen und einen Großteil des Datenmanagements innerhalb der GKV
Dazu gehören diese Aufgaben:
- Vereinbarung der Rahmenverträge und Vergütungsvereinbarungen für die stationäre, ambulante und zahnärztliche Versorgung
- Festlegung der Richtlinien für die gesundheitliche und pflegerische Versorgung (z. B. zusätzliche Betreuungskräfte)
- Entscheidungen über grundsätzliche Fach- und Rechtsfragen zum Beitrags- und Meldeverfahren in der Sozialversicherung
- Festlegung der Festbeträge für Arznei- und Hilfsmittel
- Vorgaben für Vergütungsverhandlungen und Arzneimittelvereinbarungen auf Landesebene
- Verhandlung mit Arzneimittelherstellern über die Erstattungspreise für neue Medikamente
- Gestaltung der Telematik im Gesundheitswesen
- Definition der Grundsätze zur Prävention, Selbsthilfe und Rehabilitation
- Verhandlung der Vereinbarungen zur Qualität der ärztlichen Versorgung
- Erarbeitung einer Bewertungssystematik zur Qualität von Pflegeeinrichtungen mit den Leistungserbringern
- Unterstützung von Modellprojekten zur Weiterentwicklung der Pflegeversicherung
- Begleitung der Krankenkassen und ihrer Landesverbände bei der Erfüllung ihrer Aufgaben
- Vertretung der GKV-Interessen in der gemeinsamen Selbstverwaltung mit den Leistungserbringern auf Bundesebene (z.B. im Gemeinsamen Bundesausschuss) und gegenüber der Bundesregierung
- Vertretung der GKV-Interessen auf EU-Ebene z.B. im Rahmen von Stellungnahmen zur Medizinprodukte- oder Mehrwertsteuergesetzgebung, Datenschutz, Patientenmobilität, Qualität der Gesundheitsversorgung
Ein wesentlicher Unterschied zu anderen Verbänden und Interessenvertretungen ist, dass die vom GKV-Spitzenverband geschlossenen Vereinbarungen für alle Krankenkassen, deren Landesverbände und somit mittelbar für alle gesetzlich Versicherten gelten. Sie also recht- und normsetzenden Charakter haben.
Das Wesen der Gesetzlichen Krankenversicherung
In Deutschland gibt es die Gesetzliche Krankenversicherung (GKV) und die private Krankenversicherung (PKV). 90 Prozent der Bevölkerung ist gesetzlich krankenversichert.
Die GKV fußt auf drei Prinzipien:
1) Solidarität
Die Krankenversicherungsbeiträge sind abhängig von der finanziellen Leistungsfähigkeit der Versicherten, während die Gesundheitsleistungen für alle gleich sind. Alle gesetzlich versicherten Mitglieder zahlen einkommensabhängige Beiträge. Die Beiträge gelangen in den gemeinsamen Gesundheitsfonds der Krankenkassen.
Etwa 16 Millionen Menschen als Familienangehörige beitragsfrei mitversichert. Für sie gelten die gleichen Leistungsansprüche wie für die Beitragszahlerinnen und ‑zahler. Mit diesem Verfahren wird ein Ausgleich zwischen Alleinlebenden und Familien geschaffen. Der Solidarausgleich ist damit ein tragendes Prinzip der GKV.
2) Versicherungspflicht
In der GKV pflichtversichert sind alle Arbeitnehmer, deren monatliches Bruttoeinkommen unter der jährlich angepassten Versicherungspflichtgrenze — 5.362,50 Euro pro Monat im Jahr 2021 — und über der Geringfügigkeitsgrenze — 450 Euro pro Monat im Jahr 2021 — liegt. Für Mitglieder der GKV besteht zudem Versicherungspflicht in der sozialen Pflegeversicherung. Für die Mitgliedschaft in der GKV hat der Gesetzgeber Voraussetzungen definiert. Zunächst werden die Versicherungspflichtigen nach dem Gesichtspunkt der Schutzbedürftigkeit der Betroffenen und der Begründung einer leistungsfähigen Solidargemeinschaft festgelegt. Zu den schutzbedürftigen Personen gehören beispielsweise ArbeitnehmerInnen mit einem Einkommen unterhalb der Versicherungspflichtgrenze, Rentnerinnen und Rentner, Studierende, Menschen mit Behinderungen in bestimmten Einrichtungen. Darüber hinaus auch alle Personen, die keinen anderweitigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall haben und der GKV zugezählt werden.
Ziel der Versicherungspflicht
Bei einer schweren Erkrankung können schnell hohe Behandlungskosten entstehen, die das Einkommen und das Ersparte der Patienten übersteigen. Der Gesetzgeber möchte mit der GKV alle Bürger mit Wohnsitz in Deutschland im Krankheitsfall absichern. Wer keinen anderweitigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall hat, ist daher versicherungspflichtig in der GKV, wenn er zuletzt gesetzlich krankenversichert war oder dem gesetzlichen System zuzuordnen ist. Andernfalls ist auch die Versicherung in der privaten Krankenversicherung möglich.
Um vermögensübersteigende Behandlungskosten zu vermeiden, sollen Bürger:innen mit Wohnsitz in Deutschland im Krankheitsfall abgesichert sein.
3) Versicherungsfreiheit
Die Versicherungspflicht von Arbeitnehmer:innen, deren Lohn oder Gehalt in einem bestehenden Beschäftigungsverhältnis die geltende Jahresarbeitsentgeltgrenze (Versicherungspflichtgrenze) übersteigt, endet mit Ablauf des Kalenderjahres, sofern das Entgelt auch im folgenden Kalenderjahr höher ist als die dann geltende Jahresarbeitsentgeltgrenze. Im Jahr 2021 beträgt die allgemeine Versicherungspflichtgrenze 64.350 Euro Jahresentgelt beziehungsweise 5.362,50 Euro monatlich. Wer über ein Einkommen über diese Grenze hinaus hat, unterliegt nicht mehr der Versicherungspflicht Beschäftigter. Es besteht jedoch die Möglichkeit, als freiwilliges Mitglied in der gesetzlichen Krankenkasse zu bleiben oder in eine private Krankenversicherung zu wechseln.
Sozialversicherungswahlen als Element der Mitbestimmung
Die Sozialversicherungswahlen – kurz: Sozialwahlen – sind Angelpunkt der sozialen Sicherungssysteme und bilden die Grundlage für deren selbstverwaltete, unabhängige Strukturen. Nach der Wahl zum Bundestag und zum Europäischen Parlament sind sie die größten Wahlen in Deutschland. Alle sechs Jahre werden die Selbstverwaltungsorgane der gesetzlichen Kranken‑, Pflege‑, Renten- und Unfallversicherung neu gewählt und setzen sich je zur Hälfte aus ehrenamtlichen Versicherten- und Arbeitgebervertretern zusammen. Mit der Stimmabgabe können Wähler ihr Recht auf gesellschaftliche Partizipation wahrnehmen. Die Gewählten vertreten die Interessen der Beitragszahler, der Patient:innen, Pflegebedürftigen sowie der Rentner:innen und nehmen politisch Einfluss auf die Fortentwicklung der sozialen Sicherungssysteme.
Merkmale der Sozialversicherungswahlen
Unterschieden wird zwischen einer Wahl mit und ohne Wahlhandlung, der so genannten Friedenswahl. Bei den meisten Sozialversicherungsträgern finden Friedenswahlen statt. Dabei werden auf den Vorschlagslisten nicht mehr Kandidaten aufgestellt als Mitglieder zu wählen sind. Wahlen mit Wahlhandlung, sogenannte Urwahlen, werden bei verschiedenen Betriebskrankenkassen, fast allen Ersatzkassen und dem Deutschen Rentenversicherung Bund durchgeführt.
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