Klinische Studien
Bevor neue Arzneimittel zugelassen werden, müssen sie in klinischen Prüfungen ihre Wirksamkeit, Verträglichkeit und Sicherheit nachgewiesen haben. Nach einer Entscheidung durch eine Ethikkommission und unter streng kontrollierten Bedingungen werden entsprechende Untersuchungen zunächst an einigen gesunden Probanden und danach an größeren Patientengruppen vorgenommen. Bei klinischen Prüfungen von Generika wird in Klinischen Studien die Bioäquivalenz untersucht.
Seit 2004 müssen klinische Studien in Deutschland durch die jeweils zuständige Bundesoberbehörde – Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) oder das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) – bewilligt werden. Diese Genehmigung ist neben der positiven Bewertung durch die zuständige Ethikkommission notwendig.
Die gesetzliche Regelung klinischer Prüfungen
Das Genehmigungsverfahren Klinischer Prüfungen von Arzneimitteln im Rahmen der Zuständigkeit des BfArM als zuständige Bundesoberbehörde ist im Arzneimittelgesetz (AMG) in den Paragrafen 40 bis 42 festgelegt.
Paragraf 40 – Allgemeine Voraussetzungen (Auszug)
Sponsor:in, Prüfer:in und alle weiteren an der klinischen Prüfung beteiligten Personen haben bei der Durchführung der klinischen Prüfung eines Arzneimittels bei Menschen die Anforderungen der guten klinischen Praxis nach Maßgabe des Artikels 1 Abs. 3 der Richtlinie 2001/20/EG einzuhalten. Die klinische Prüfung eines Arzneimittels bei Menschen darf von dem/der Sponsor:in nur begonnen werden, wenn die zuständige Ethik-Kommission diese nach Maßgabe des § 42 Abs. 1 zustimmend bewertet und die zuständige Bundesoberbehörde diese nach Maßgabe des § 42 Abs. 2 genehmigt hat. Die klinische Prüfung eines Arzneimittels darf bei Menschen nur durchgeführt werden, wenn und solange
- ein/eine Sponsor:in oder ein/eine Vertreter:in des/der Sponsors:in vorhanden ist, der seinen Sitz in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum hat,
- die vorhersehbaren Risiken und Nachteile gegenüber dem Nutzen für die Person, bei der sie durchgeführt werden soll (betroffene Person), und der voraussichtlichen Bedeutung des Arzneimittels für die Heilkunde ärztlich vertretbar sind,
2a. nach dem Stand der Wissenschaft im Verhältnis zum Zweck der klinischen Prüfung eines Arzneimittels, das aus einem gentechnisch veränderten Organismus oder einer Kombination von gentechnisch veränderten Organismen besteht oder solche enthält, unvertretbare schädliche Auswirkungen auf
- a) die Gesundheit Dritter und
- b) die Umwelt nicht zu erwarten sind,
- die betroffene Person
- a) volljährig und in der Lage ist, Wesen, Bedeutung und Tragweite der klinischen Prüfung zu erkennen und ihren Willen hiernach auszurichten,
- b) nach Absatz 2 Satz 1 aufgeklärt worden ist und schriftlich eingewilligt hat, soweit in Absatz 4 oder in § 41 nichts Abweichendes bestimmt ist und
- c) nach Absatz 2a Satz 1 und 2 informiert worden ist und schriftlich oder elektronisch eingewilligt hat; die Einwilligung muss sich ausdrücklich auch auf die Verarbeitung von Angaben über die Gesundheit beziehen,
- die betroffene Person nicht auf gerichtliche oder behördliche Anordnung in einer Anstalt untergebracht ist,
- sie in einer geeigneten Einrichtung von einem angemessen qualifizierten Prüfer verantwortlich durchgeführt wird und die Prüfung von einem Prüfer mit mindestens zweijähriger Erfahrung in der klinischen Prüfung von Arzneimitteln geleitet wird,
- eine dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse entsprechende pharmakologisch-toxikologische Prüfung des Arzneimittels durchgeführt worden ist,
- jeder Prüfer durch einen für die pharmakologisch-toxikologische Prüfung verantwortlichen Wissenschaftler über deren Ergebnisse und die voraussichtlich mit der klinischen Prüfung verbundenen Risiken informiert worden ist,
- für den Fall, dass bei der Durchführung der klinischen Prüfung ein Mensch getötet oder der Körper oder die Gesundheit eines Menschen verletzt wird, eine Versicherung nach Maßgabe des Absatzes 3 besteht, die auch Leistungen gewährt, wenn kein anderer für den Schaden haftet, und
- für die medizinische Versorgung der betroffenen Person ein/eine Ärzt:in oder bei zahnmedizinischer Behandlung ein/eine Zahnärzt:in verantwortlich ist.
Paragraf 41 a – Registrierungsverfahren für Ethik-Kommissionen
(1) An dem Verfahren zur Bewertung eines Antrags auf Genehmigung einer klinischen Prüfung nach der Verordnung (EU) Nr. 536/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. April 2014 über klinische Prüfungen mit Humanarzneimitteln und zur Aufhebung der Richtlinie 2001/20/EG (ABl. L 158 vom 27.5.2014, S. 1) dürfen nur öffentlich-rechtliche Ethik-Kommissionen der Länder teilnehmen, die nach Landesrecht für die Prüfung und Bewertung klinischer Prüfungen bei Menschen zuständig sind und nach den Absätzen 2 bis 5 registriert sind.
(2) Der Antrag auf Registrierung ist vom jeweiligen Träger der öffentlich-rechtlichen Ethik-Kommissionen der Länder bei dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte zu stellen.
(3) Im Einvernehmen mit dem Paul-Ehrlich-Institut genehmigt das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte den Antrag auf Registrierung, wenn folgende Voraussetzungen durch geeignete Unterlagen nachgewiesen werden:
- die erforderliche aktuelle wissenschaftliche Expertise der Mitglieder sowie der externen Sachverständigen,
- die interdisziplinäre Zusammensetzung der Ethik-Kommission unter Beteiligung von je mindestens einem Juristen, einer Person mit wissenschaftlicher oder beruflicher Erfahrung auf dem Gebiet der Ethik in der Medizin, einer Person mit Erfahrung auf dem Gebiet der Versuchsplanung und Statistik, drei Ärzt:innen, die über Erfahrungen in der klinischen Medizin verfügen, davon ein Facharzt für klinische Pharmakologie oder für Pharmakologie und Toxikologie, sowie einem Laien,
- der Ethik-Kommission gehören weibliche und männliche Mitglieder an und bei der Auswahl der Mitglieder und externen Sachverständigen werden Frauen und Männer mit dem Ziel der gleichberechtigten Teilhabe gleichermaßen berücksichtigt,
- eine Geschäftsordnung, die insbesondere verpflichtende Regelungen zur Arbeitsweise der Ethik-Kommission trifft; dazu gehören insbesondere Regelungen zur Geschäftsführung, zum Vorsitz, zur Vorbereitung von Beschlüssen, zur Beschlussfassung sowie zur Ehrenamtlichkeit und Verschwiegenheitspflicht der Mitglieder und externen Sachverständigen,
- eine Geschäftsstelle mit dem für die Organisation der Aufgaben der Ethik-Kommission erforderlichen qualifizierten Personal,
- eine sachliche Ausstattung, die es ermöglicht, kurzfristig Abstimmungsverfahren durchzuführen und fristgerecht Stellungnahmen und Bewertungsberichte zu erstellen,
- die Ethik-Kommission holt zu jedem Antrag Unabhängigkeitserklärungen der beteiligten Mitglieder und externen Sachverständigen ein, die beinhalten, dass diese keine finanziellen oder persönlichen Interessen, die Auswirkungen auf ihre Unparteilichkeit haben könnten, haben.
(4) Registrierte Ethik-Kommissionen teilen dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte Änderungen, die die Voraussetzungen der Registrierung betreffen, unverzüglich mit.
(5) Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte kann im Einvernehmen mit dem Paul-Ehrlich-Institut das Ruhen der Registrierung anordnen oder die Registrierung aufheben, wenn bekannt wird, dass die Voraussetzungen zur Registrierung nicht oder nicht mehr vorliegen oder wenn ein Verstoß gegen die nach § 41b Absatz 1 festgelegte Verfahrensordnung vorliegt.
(6) Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte veröffentlicht eine Liste der registrierten Ethik-Kommissionen im Bundesanzeiger. Personenbezogene Daten dürfen nur mit Einwilligung der jeweiligen Person veröffentlicht werden. Die Liste ist regelmäßig zu aktualisieren.
Paragraf 42 – Verfahren bei der Ethik-Kommission, Genehmigungsverfahren bei der Bundesoberbehörde (Auszug)
(1) Die nach § 40 Abs. 1 Satz 2 erforderliche zustimmende Bewertung der Ethik-Kommission ist vom Sponsor bei der nach Landesrecht für den/der Prüfer:in zuständigen unabhängigen interdisziplinär besetzten Ethik-Kommission zu beantragen. Wird die klinische Prüfung von mehreren Prüfer:innen durchgeführt, so ist der Antrag bei der für der Leitung der klinischen Prüfung zuständigen unabhängigen Ethik-Kommission zu stellen. Das Nähere zur Bildung, Zusammensetzung und Finanzierung der Ethik-Kommission wird durch Landesrecht bestimmt. Der/die Sponsor:in hat der Ethik-Kommission alle Angaben und Unterlagen vorzulegen, die diese zur Bewertung benötigt. Zur Bewertung der Unterlagen kann die Ethik-Kommission eigene wissenschaftliche Erkenntnisse verwerten, Sachverständige beiziehen oder Gutachten anfordern. Sie hat Sachverständige beizuziehen oder Gutachten anzufordern, wenn es sich um eine klinische Prüfung bei Minderjährigen handelt und sie nicht über eigene Fachkenntnisse auf dem Gebiet der Kinderheilkunde, einschließlich ethischer und psychosozialer Fragen der Kinderheilkunde, verfügt oder wenn es sich um eine klinische Prüfung von xenogenen Arzneimitteln oder Gentherapeutika handelt. Die zustimmende Bewertung darf nur versagt werden, wenn
- die vorgelegten Unterlagen auch nach Ablauf einer dem/der Sponsor:in gesetzten angemessenen Frist zur Ergänzung unvollständig sind,
- die vorgelegten Unterlagen einschließlich des Prüfplans, der Prüferinformation und der Modalitäten für die Auswahl der Prüfungsteilnehmer nicht dem Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse entsprechen, insbesondere die klinische Prüfung ungeeignet ist, den Nachweis der Unbedenklichkeit oder Wirksamkeit eines Arzneimittels einschließlich einer unterschiedlichen Wirkungsweise bei Frauen und Männern zu erbringen, oder
- die in § 40 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 bis 9, Abs. 4 und § 41 geregelten Anforderungen nicht erfüllt sind.
Klinische Studien nach der der Zulassung
Auch nach der Zulassung eines Arzneimittels werden klinische Prüfungen durchgeführt, um relevante Erkenntnisse über Langzeiteffekte der Therapie oder Daten über Anwendungen außerhalb der zugelassenen Anwendungsbedingungen zu erhalten.