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Von Anti­bio­ti­kum bis Schleim­lö­ser: Die­se 10 Wirk­stoffe brin­gen uns durch den Winter

Ob gegen Fie­ber, Hus­ten oder Glie­der­schmer­zen – in den Win­ter­mo­na­ten sind eini­ge Medi­ka­men­te schwer gefragt. Doch wel­che Wirk­stof­fe sind es, die uns gera­de dabei hel­fen, auf den Bei­nen zu bleiben?

Wir haben nach­ge­schaut, was im ver­gan­ge­nen Win­ter zwi­schen Okto­ber und Janu­ar beson­ders häu­fig in Deutsch­land ver­kauft wur­de und wie­viel davon Gene­ri­ka waren. Ihr Anteil betrug 92 Prozent.

Xylo­me­ta­zo­lin

Typ: Nasen­spray

Ein­satz: zum Abschwel­len der Nasenschleimhaut

Ver­schrei­bungs­pflich­tig: nein

Ver­kauf­te Gene­ri­ka-Packun­gen: 22,3 Millionen

Par­acet­amol

Typ: fie­ber­sen­ken­des Schmerzmittel

Ein­satz: bei Schmer­zen und Fie­ber, bei­spiels­wei­se bei grip­pa­len Infekten

Ver­schrei­bungs­pflich­tig: nein

Ver­kauf­te Gene­ri­ka-Packun­gen: 11,6 Millionen

Ace­tyl­cystein

Typ: Schleimlöser

Ein­satz: zum bes­se­ren Abhus­ten, zum Bei­spiel bei Bronchitis

Ver­schrei­bungs­pflich­tig: nein

Ver­kauf­te Gene­ri­ka-Packun­gen: 4,3 Millionen

Amoxi­cil­lin

Typ: Antibiotikum

Ein­satz: u.a. bei bak­te­ri­el­len Infek­tio­nen der Atemwege

Ver­schrei­bungs­pflich­tig: ja

Ver­kauf­te Gene­ri­ka-Packun­gen: 2,9 Millionen

Azi­thro­my­cin

Typ: Antibiotikum

Ein­satz: u.a. bei bak­te­ri­el­len Infek­tio­nen der unte­ren und obe­ren Atemwege

Ver­schrei­bungs­pflich­tig: ja

Ver­kauf­te Gene­ri­ka-Packun­gen: 1,3 Millionen

92
So hoch war der Anteil der Gene­ri­ka an der Gesamt­zahl der Packun­gen bei die­sen zehn Medikamenten.
Cefu­ro­xim

Typ: Antibiotikum

Ein­satz: u.a. bei bak­te­ri­el­len Infek­tio­nen der Atemwege

Ver­schrei­bungs­pflich­tig: ja

Ver­kauf­te Gene­ri­ka-Packun­gen: 1,3 Millionen

Cefa­clor

Typ: Antibiotikum

Ein­satz: u.a. bei bak­te­ri­el­len Infek­tio­nen der Atemwege

Ver­schrei­bungs­pflich­tig: ja

Ver­kauf­te Gene­ri­ka-Packun­gen: 514.000

Code­in

Typ: Hustenblocker

Ein­satz: lin­dert den Hustenreiz

Ver­schrei­bungs­pflich­tig: ja

Ver­kauf­te Gene­ri­ka-Packun­gen: 363.000

Sal­bu­t­amol

Typ: Spray gegen Atemnot

Ein­satz: ent­spannt die Atem­we­ge, wird auch bei Asth­ma eingesetzt

Ver­schrei­bungs­pflich­tig: ja

Ver­kauf­te Gene­ri­ka-Packun­gen: 337.000

Ipr­atro­pi­um­bro­mid

Typ: Spray gegen Atemnot

Ein­satz: ent­spannt die Atem­we­ge, wird auch bei Asth­ma eingesetzt

Ver­schrei­bungs­pflich­tig: ja

Ver­kauf­te Gene­ri­ka-Packun­gen: 111.000


Antibiotika-Spezial

War­um sind unse­re Anti­bio­ti­ka knapp?

In unse­ren Apo­the­ken sind Anti­bio­ti­ka zur Man­gel­wa­re gewor­den. Wor­an liegt das und wie lässt sich das ändern? Eine mul­ti­me­dia­le Spu­ren­su­che mit Welt­kar­te, die zeigt, wo die wich­tigs­ten Anti­bio­ti­ka der­zeit pro­du­ziert werden.

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Generika für Volkskrankheiten

Wie Gene­ri­ka Mil­lio­nen Patient:innen helfen

Ein guter Teil der deut­schen Bevöl­ke­rung lei­det unter Asth­ma, Blut­hoch­druck, Dia­be­tes oder Depres­sio­nen. Wuss­ten Sie, dass kaum jemand von ihnen ohne Gene­ri­ka behan­delt wird?

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Zitat

War­um Her­stel­ler trotz Lie­fer­eng­pass-Gesetz nicht mehr Gene­ri­ka-Wer­ke bauen

Das Lie­fer­eng­pass-Gesetz (ALBVVG) soll die Arz­nei­mit­tel-Knapp­heit been­den. Es wer­de – sagt Gesund­heits­mi­nis­ter Karl Lau­ter­bach – dazu füh­ren, dass Gene­ri­ka-Unter­neh­men ihre Arz­nei­mit­tel bald ver­stärkt in Euro­pa herstellen.

Doch ist das so? Wir haben Unter­neh­men gefragt, ob das Gesetz sie dazu befä­higt, ihre Pro­duk­ti­on hier­zu­lan­de aus­zu­wei­ten. Die Ant­wor­ten sind unter­schied­lich – begin­nen aber immer gleich.

„Ich baue kein Werk, weil …“

… das ALBVVG ledig­lich dafür sorgt, dass ich bei der Pro­duk­ti­on von Fie­ber­saft kein Minus mehr mache. Klar – Kin­der­arz­nei­mit­tel dür­fen jetzt 50 Pro­zent mehr kos­ten, machen aber nur ein Pro­zent der pro­du­zier­ten Arz­nei­mit­tel aus. Mit Blick auf die ande­ren Medi­ka­men­te – etwa gegen Krebs, Dia­be­tes und Herz­er­kran­kun­gen – ändert sich nichts. Wo ist da der Anreiz, ein Werk auszubauen?

Andre­as Burk­hardt, Gene­ral Mana­ger Teva Deutsch­land und Österreich

„Ich baue kein Werk, weil …“

… das ALBVVG für mich genau nichts ver­än­dert hat. Als soge­nann­ter Voll­sor­ti­men­ter haben Kin­der­arz­nei­mit­tel, Anti­bio­ti­ka und Krebs­mit­tel nur einen ver­schwin­dend gerin­gen Anteil an unse­rem Port­fo­lio. Und für alle ande­ren Medi­ka­men­te ändert sich ja nichts. Was also soll­te uns dazu brin­gen, ein Werk zu bauen?

Ingrid Blu­men­thal, Geschäfts­füh­re­rin Ali­ud Pharma

„Ich baue kein Werk, weil …“

… ich dank des ALBVVG mein Geld in Lager­platz ste­cken muss, statt in Maschi­nen oder gar Wer­ke zu inves­tie­ren. Bewer­be ich mich für einen Rabatt­ver­trag, muss ich nun­mehr einen Vor­rat von sechs Mona­ten vor­pro­du­zie­ren. Bis­lang waren es drei. Die­se Extra-Pro­duk­ti­on aber bin­det so viel Geld und Res­sour­cen, dass an eine Aus­wei­tung der Kapa­zi­tä­ten gar nicht zu den­ken ist.

Josip Mestro­vic, Geschäfts­füh­rer Zentiva 

Antibiotika-Spezial

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Jetzt Arz­nei­mit­tel­eng­päs­se von mor­gen verhindern!

Hilft ein Früh­warn­sys­tem gegen Medi­ka­men­ten­eng­päs­se? Wir ver­ra­ten, wel­che Arz­nei­mit­tel knapp wer­den könn­ten, wor­an das liegt und wie sich gegen­steu­ern ließe. 

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Presse

BMG: Spit­zen­ge­spräch zur Ver­sor­gung mit Kin­der­arz­nei­mit­teln im BMG

Wir brau­chen mehr als eine Sym­ptom­be­hand­lung, wir brau­chen eine ech­te Therapie

Heu­te hat ein spon­tan ein­be­ru­fe­nes Gespräch im Bun­des­ge­sund­heits­mi­nis­te­ri­um (BMG) statt­ge­fun­den, bei dem es um die Ver­sor­gung mit Kin­der­arz­nei­mit­teln in der anste­hen­den Infek­ti­ons­sai­son ging. Ver­tre­ten waren auch Mit­glieds­un­ter­neh­men des Ver­ban­des Pro Generika.

Dazu sagt Andre­as Burk­hardt, Vor­stands­vor­sit­zen­der von Pro Gene­ri­ka: „Unse­re Mit­glieds­un­ter­neh­men haben ihre Kapa­zi­tä­ten bis zum tech­ni­schen Limit erhöht und pro­du­zie­ren bei Voll­aus­las­tung. Ob die Medi­ka­men­te für den Win­ter rei­chen wer­den, hängt im Wesent­li­chen von Fak­to­ren wie der Infek­ti­ons­la­ge ab.“

Mit Blick auf die Maß­nah­men, die das Gesund­heits­mi­nis­te­ri­um jetzt ergrei­fen will, sagt Burk­hardt: „Als aku­te Sym­ptom­be­hand­lung sind ein­zel­ne Schrit­te hilf­reich. Am Grund­pro­blem ändern sie nichts. Wenn die Poli­tik nicht end­lich die Struk­tu­ren ändert, sit­zen wir nächs­tes Jahr wie­der hier und über­le­gen, wie wir mög­lichst glimpf­lich durch den Win­ter kommen.“

 „Um mehr pro­du­zie­ren zu kön­nen, müss­ten wir drin­gend in den Aus­bau unse­rer Pro­duk­ti­ons­ka­pa­zi­tä­ten inves­tie­ren“, so Burk­hardt wei­ter. „Das aber kön­nen wir der­zeit nicht, denn es fehlt die öko­no­mi­sche Grund­la­ge. Das ALBVVG wird dar­an nichts ändern. Es schafft kei­ne Anrei­ze und berück­sich­tigt ledig­lich ein Pro­zent der Arz­nei­mit­tel. Und das obwohl die Ver­sor­gung bei Krebs‑, Dia­be­tes- und Schmerz­mit­teln nicht min­der fra­gil ist und Eng­päs­se jetzt schon abseh­bar sind.“

Für Burk­hardt ist klar: Der Dia­log mit der Poli­tik muss wei­ter­ge­hen. „Tref­fen wie die­ses machen nur Sinn, wenn sie ein Anfang sind. Es braucht einen kon­struk­ti­ven Dia­log, der zu lang­fris­tig wir­ken­den Maß­nah­men führt.”

14.09.2023

News

“Wir sind am Limit – und dar­über hinaus”

Wie in einer Pra­ger Fabrik das Schmerz­mit­tel Met­ami­zol pro­du­ziert wird

Eng­päs­se bedro­hen die Sicher­heit unse­rer Arz­nei­mit­tel­ver­sor­gung. Vie­le Her­stel­ler haben sich aus der Pro­duk­ti­on zurück­ge­zo­gen. In Prag steht eine der letz­ten euro­päi­schen Fabri­ken, in denen das Schmerz­mit­tel Met­ami­zol noch pro­du­ziert wird. Ein Besuch im Werk des Gene­ri­ka-Her­stel­lers Zentiva.

Sand. Sand könn­te die Lösung für Haus Num­mer 204 sein. Das Gebäu­de im Indus­trie­park kurz vor Prag ist eines der wich­tigs­ten im Werk von Zen­ti­va. Unun­ter­bro­chen läuft die Pro­duk­ti­on hier. Sie braucht Ener­gie, rund um die Uhr – aber das ist gera­de nicht ganz so einfach. 

Damit Ener­gie auch nachts nach­hal­tig gelie­fert wer­den kann, denkt man bei Zen­ti­va zusam­men mit Pra­ger Uni­ver­si­tä­ten über neue Ener­gie­spei­cher­sys­te­me nach. „Sand auf­zu­hei­zen, ihn als Spei­cher­me­di­um zu nut­zen, um dann die Ener­gie abzu­ge­ben, könn­te ein Mit­tel sein“, sagt Stand­ort­lei­ter Dr. André Rid­der. Die Pro­duk­ti­vi­tät lie­ße sich auf die­se Wei­se noch ein­mal stei­gern. Doch dafür braucht es noch Zeit, For­schung und vor allem: Planungssicherheit.

Mehr Leu­te müs­sen her

Solan­ge sie das nicht haben, müs­sen Rid­der und sein Team auf ande­re Wei­se ihren Out­put erhö­hen. Der­zeit arbei­ten in Prag 850 Men­schen. Bis Ende die­ses Jah­res sol­len 50 hin­zu­kom­men. Pro Met­ami­zol-Schicht sind dann 28 von ihnen im 24-Stun­den-Betrieb im Ein­satz – an sie­ben Tagen in der Woche. Eine der Auf­ga­ben für Haus 204: Die Roh­stof­fe wie­gen, aus denen das Arz­nei­mit­tel besteht, das Mil­lio­nen von Men­schen in Deutsch­land drin­gend benötigen.

Am Fließ­band: Die Met­ami­zol-Pro­duk­ti­on am Zen­ti­va-Stand­ort Prag läuft auf Hochtouren.

Die Bän­der lau­fen nonstop

Es ist hell in den Pro­duk­ti­ons­räu­men, son­nen­durch­flu­tet. Wer hier arbei­tet, trägt Mund­schutz. Denn die kleins­te Ver­un­rei­ni­gung kann bedeu­ten, dass man gesam­te Char­gen weg­wer­fen muss. Ein biss­chen sieht es hier aus wie in einem Labor. Ohne Unter­lass lau­fen die Bän­der. Maschi­nen rat­tern und es kla­ckert lei­se, wäh­rend Met­ami­zol-Fläsch­chen als ste­ti­ger Strom über die Bän­der rauschen. 

Im Lager sta­peln sich die ver­sand­fer­ti­gen Kar­tons. Dank der neu­en Mit­ar­bei­ten­den kann man hier bald noch mehr pro­du­zie­ren. Doch ob das reicht, um alle Patient:innen zu ver­sor­gen, kann nie­mand sagen. Die Gefahr von Eng­päs­sen schwebt auch über dem Werk in Prag – und ist eine Fol­ge des Kos­ten­drucks, unter dem vie­le Gene­ri­ka-Her­stel­ler produzieren.

Reicht das Met­ami­zol für alle?

Met­ami­zol ist ein Schmerz­mit­tel, das vor allem in Kran­ken­häu­sern zum Ein­satz kommt. Krebspatient:innen erhal­ten es gegen Tumor-Schmer­zen. Und zwei Drit­tel aller Patient:innen erhal­ten es nach einer Ope­ra­ti­on. Im Jahr 2022 wur­den für GKV-Ver­si­cher­te ins­ge­samt 272 Mil­lio­nen Tages­do­sen ver­ord­net – davon 82,6 Mil­lio­nen in Form von Tropfen. 

„Deutsch­land ist ein Gene­ri­ka-Markt“, sagt Josip Mestro­vic, Gene­ral Mana­ger von Zen­ti­va. „Acht von zehn Patient:innen bekom­men eine gene­ri­sche Packung ver­ord­net.“ Dabei ent­fie­len gera­de ein­mal 7,1 Pro­zent der gesam­ten Arz­nei­mit­tel­aus­ga­ben der Kran­ken­kas­sen auf die Her­stel­ler von Gene­ri­ka. „Da fehlt die Balan­ce“, so Mestro­vic. „Mit 7,1 Pro­zent der Kos­ten kann man nicht 80 Pro­zent der Bevöl­ke­rung mit Medi­ka­men­ten versorgen.“ 

Mestro­vic wun­dert es nicht, dass in den letz­ten Jah­ren immer mehr Unter­neh­men aus dem Markt aus­ge­stie­gen sind und es immer wie­der zu Ver­sor­gungs­eng­päs­sen bei Medi­ka­men­ten kommt. Zwar betont er, dass man ins­be­son­de­re die Pro­duk­ti­on von lebens­ret­ten­den Medi­ka­men­ten aus ethi­scher Ver­ant­wor­tung her­aus schwer­lich ein­stel­len kön­ne. Gleich­zei­tig macht er klar, dass man in vie­len Berei­chen schlicht nicht mehr kos­ten­de­ckend pro­du­zie­ren kön­ne. „Wir wol­len die Men­schen mit Arz­nei­mit­teln ver­sor­gen und sind dabei doch auch ein Wirt­schafts­un­ter­neh­men“, sagt Mestrovic.

Im Kampf für die Arz­nei­mit­tel­ver­sor­gung: Gene­ral Mana­ger Josip Mestro­vic im Zen­ti­va-Lager in Prag.

Wegen der gerin­gen Erstat­tungs­prei­se kauft Zen­ti­va den Wirk­stoff für Met­ami­zol längst in Chi­na ein. Dass man wei­ter­hin die Lager­hal­len mit Medi­ka­men­ten bis unters Dach bestückt hat, erklärt sich auch durch die Qua­si-Mono­pol­stel­lung des Unter­neh­mens. Bei Met­ami­zol hat Zen­ti­va in Deutsch­land einen Markt­an­teil von rund 75 Pro­zent. Außer ihnen gibt es bloß noch einen wei­te­ren Pro­du­zen­ten, der in nen­nens­wer­tem Umfang das Schmerz­mit­tel pro­du­ziert. Die ande­ren Anbie­ter haben nur win­zi­ge Markt­an­tei­le. „Für die meis­ten Her­stel­ler lohnt sich die Pro­duk­ti­on von Met­ami­zol schlicht und ergrei­fend nicht mehr“, weiß Mestrovic.

Die Prei­se sind schlicht zu niedrig

Die Grün­de dafür kennt Ulri­ke Holz­gra­be gut. Die Seni­or­pro­fes­so­rin für phar­ma­zeu­ti­sche und medi­zi­ni­sche Che­mie an der Uni Würz­burg erklärt: „Wir haben 2009 ein Arz­nei­mit­tel­ge­setz bekom­men, in dem Fest­be­trä­ge für die Kos­ten eines Gene­ri­kums fest­ge­legt wor­den sind. Die­se Beträ­ge sind seit­dem nicht erhöht wor­den, obwohl die Pro­duk­ti­ons­kos­ten immer mehr gestie­gen sind.“ 

In der Pra­xis sieht das dann so aus: Das Pra­ger Werk von Zen­ti­va pro­du­ziert rund fünf Mil­lio­nen Fla­schen an flüs­si­gem Met­ami­zol zu je 1,27 Euro pro 20-Mil­li­li­ter-Fla­sche. So hoch ist der Fest­be­trag – also das, was die Kran­ken­kas­sen dem Her­stel­ler für sein Arz­nei­mit­tel erstat­ten. Von die­sem Betrag gehen aller­dings noch Rabat­te ab, die die Her­stel­ler den Kran­ken­kas­sen gewäh­ren. So schreibt etwa die AOK als die größ­te Kran­ken­kas­se Deutsch­lands den Bedarf für den ambu­lan­ten Markt exklu­siv aus. Das heißt: Sie beauf­tragt allein das Unter­neh­men mit der Pro­duk­ti­on von Met­ami­zol, das ihr den höchs­ten Rabatt anbietet.

Was, wenn man die Aus­schrei­bung nicht gewinnt?

Ob Zen­ti­va den nächs­ten Rabatt­ver­trag ab Febru­ar 2024 mit zwei Mil­lio­nen Fla­schen gewin­nen wird, weiß der­zeit nie­mand. Und auch nicht, was man dort im Zwei­fel mit den Fla­schen macht, die bis dahin mög­li­cher­wei­se umsonst pro­du­ziert wur­den. So viel aber weiß man: Inves­tiert wer­den kann erst ein­mal gar nichts. Weder in Sand noch in neue Abfüll­ein­hei­ten, die den Out­put noch ein­mal erhö­hen könn­ten. Dazu ist der Pla­nungs­ho­ri­zont durch die Rabatt­ver­trä­ge viel zu kurz.

Als Zen­ti­va das Arz­nei­mit­tel 2005 in Deutsch­land ein­führ­te, sahen die Rah­men­be­din­gun­gen noch anders aus. Es gab noch kei­ne Rabatt­ver­trä­ge, nicht die­sen Preis­druck, von Krieg in Euro­pa, Infla­ti­on und Ener­gie­kri­se ganz zu schwei­gen. „Man muss sich nur mal vor­stel­len, was wäre, wenn es die­ses Schmerz­mit­tel nicht mehr gäbe“, sagt Mestro­vic. Die Fol­gen für die medi­zi­ni­sche Ver­sor­gung wären kata­stro­phal. „Man kann bei Medi­ka­men­ten nicht, wie etwa in der Bau- oder Auto­in­dus­trie, sagen: Dann kommt es halt spä­ter“, sagt Mestro­vic. Die Betrof­fe­nen brau­chen das Medi­ka­ment – wer möch­te ihnen erklä­ren, dass es gera­de Lie­fer­schwie­rig­kei­ten gibt? 

Ohne Unter­lass kla­ckern die Fla­schen, die über die Bän­der rauschen

Die Abhän­gig­keit ist riesig

Ein Pro­blem sind auch die Lie­fer­ket­ten. Ver­schie­de­ne Roh- und Ver­pa­ckungs­ma­te­ria­li­en wie bei­spiels­wei­se Alu­mi­ni­um­fo­lie wer­den knapper. 

Die Grün­de dafür kennt Wis­sen­schaft­le­rin Ulri­ke Holz­gra­be: „Wir haben nicht nur das Pro­blem, dass wir Zwi­schen­pro­duk­te und Reagen­zi­en in Chi­na kau­fen müs­sen. Wir haben eine gan­ze Men­ge an che­mi­scher Indus­trie in Deutsch­land ver­lo­ren. Die Halo­gen­che­mie bei­spiels­wei­se, die sich damit beschäf­tigt, wie man ein Flu­or- oder Chlor-Ele­ment an ein Mole­kül bekommt, machen wir hier­zu­lan­de nicht mehr, weil es die Umwelt belas­tet“, sagt Holz­gra­be. Die Pro­duk­ti­on ande­rer Sub­stan­zen sei ein­ge­stellt wor­den, weil es schlicht zu teu­er sei. Das las­se sich viel­leicht wirt­schaft­lich nach­voll­zie­hen, aber damit bege­be man sich in eine gefähr­li­che Abhän­gig­keit. Die Fol­gen, wenn es kurz­fris­tig auf­grund eines poli­ti­schen Kon­flik­tes zu einem Lie­fer­stopp käme, wären für das deut­sche Gesund­heits­sys­tem verheerend.

Pro­duk­ti­on in Euro­pa statt in Asi­en: der Zen­ti­va-Stand­ort Prag.

Nur eine Opti­on: weitermachen

Wie fra­gil das Sys­tem ist, sah man bereits in den ver­gan­ge­nen Mona­ten, als zuerst Fie­ber­säf­te für Kin­der und spä­ter Anti­bio­ti­ka knapp wur­den. Zwar nahm sich die Poli­tik des Pro­blems an und ver­ab­schie­de­te das Arz­nei­mit­tel-Lie­fer­eng­pass­be­kämp­fungs- und Ver­sor­gungs­ver­bes­se­rungs­ge­setz (ALBVVG). Doch lei­der wur­den nur par­ti­ell Lösun­gen erar­bei­tet und Patient:innen, die für ihre The­ra­pie Schmerz­mit­tel – häu­fig Gene­ri­ka wie Met­ami­zol – benö­ti­gen, pro­fi­tie­ren über­haupt nicht von dem Gesetz.

Anstatt sich zu freu­en, beob­ach­tet Zen­ti­va-Chef Josip Mestro­vic sei­ne stei­gen­den Markt­an­tei­le mit gro­ßer Sor­ge. „Das ist kein gutes Zei­chen für Deutsch­land“, sagt er. Denn die letz­ten ver­blie­be­nen Unter­neh­men könn­ten nicht die gesamt­deut­sche Bevöl­ke­rung mit Arz­nei­mit­teln ver­sor­gen – egal wie vie­le neue Mit­ar­bei­ter gefun­den wer­den, egal in wie viel neue Tech­no­lo­gie trotz der unsi­che­ren Lage inves­tiert wer­den kann, und egal ob Sand in naher Zukunft Ener­gie spei­chern kann oder nicht. 

Im Haus Num­mer 204 stellt Mestro­vic eine Fra­ge, die er zugleich selbst – mit ruhi­ger, aber war­nen­der Stim­me – beant­wor­tet. „Kön­nen wir Arz­nei­mit­tel­si­cher­heit in den nächs­ten fünf Jah­ren gewähr­leis­ten? Wir tun alles dafür, aber ich wür­de mei­ne Hand – Stand heu­te – dafür nicht ins Feu­er legen.“

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Wie ein Früh­warn­sys­tem Eng­päs­se nicht nur erken­nen – son­dern ihnen auch vor­beu­gen kann

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Wel­che Instru­men­te Gene­ri­ka-Prei­se im Kel­ler halten

Für Gene­ri­ka gibt es vie­le Preis­brem­sen. Für eini­ge sogar meh­re­re auf einmal. 

Mehr als jedes zwei­te Gene­ri­kum ist sowohl unter Fest­be­trag also auch unter Rabattvertrag

Für jedes zwei­te Gene­ri­kum gel­ten min­des­tens zwei Preisbremsen

Rabatt­ver­trä­ge, Fest­be­trä­ge, Preis­mo­ra­to­ri­um: Unser Gesund­heits­sys­tem hält diver­se Instru­men­te bereit, die Gene­ri­ka-Prei­se im Kel­ler hal­ten und eine Anhe­bung unmög­lich machen. Vie­le davon über­schnei­den sich. So gel­ten für 51,7 Pro­zent der Gene­ri­ka*, deren Preis durch einen Fest­be­trag bereits fixiert ist, zusätz­lich Rabattverträge.

Dich­tes Netz aus Preissenkungs-Instrumenten

Haupt­sa­che bil­lig – so lau­tet die gesund­heits­po­li­ti­sche Vor­ga­be seit Jah­ren, wenn es um die Ver­sor­gung mit Gene­ri­ka geht. Die­se machen knapp 80 Pro­zent der Arz­nei­mit­tel aus, ver­an­schla­gen aber bloß sie­ben Pro­zent der Sum­me, die die Kran­ken­kas­sen an phar­ma­zeu­ti­sche Unter­neh­men abgeben.

Um die Prei­se nied­rig zu hal­ten, gibt es u.a. die­se gesund­heits­po­li­ti­schen Instrumente:

Fest­be­trag: Das ist der Höchst­preis, den die Kran­ken­kas­sen für ein bestimm­tes Arz­nei­mit­tel erstat­ten. Erhö­hen die Her­stel­ler die Prei­se über den Fest­be­trag, müs­sen die Patient:innen die Dif­fe­renz bezahlen.

Rabatt­ver­trag:  Ihn schlie­ßen die Kran­ken­kas­sen oft mit bloß ein bis drei Her­stel­lern ab. Dabei erhal­ten der oder die Anbie­ter den Zuschlag, die den güns­tigs­ten Preis bie­ten. Die Höhe die­ser Rabat­te ist geheim. Jens Baas, Chef der Tech­ni­ker Kran­ken­kas­se, aber gab sie in einem Inter­view mit der FAZ zuletzt mit 90 Pro­zent an. Rabatt­ver­trä­ge lau­fen über zwei Jah­re. Setzt ein Her­stel­ler wäh­rend die­ser Zeit­span­ne sei­nen Preis hoch, muss er die Dif­fe­renz an die Kran­ken­kas­sen abführen.

Preis­mo­ra­to­ri­um: Es friert den Preis der­je­ni­gen Gene­ri­ka, die nicht von einem Fest­be­trag erfasst sind, auf dem Niveau von 2009 ein. Das Preis­mo­ra­to­ri­um gilt für alle Arz­nei­mit­tel, die kei­nen Fest­be­trag (mehr) haben.

Poli­tik muss alle Instru­men­te im Blick haben – sonst ver­puf­fen Effekte

Der Kos­ten­druck auf Gene­ri­ka hat die Ver­sor­gung desta­bi­li­siert. Das hat die Poli­tik jetzt ver­stan­den – und will im ALBVVG Fest­be­trä­ge für bestimm­te eng­pass­ge­fähr­de­te Arz­nei­mit­tel erhö­hen. Die­se Erhö­hung aber kommt bei den Her­stel­lern nicht an – da Rabatt­ver­trä­ge etwa wei­ter exis­tie­ren bzw. das Preis­mo­ra­to­ri­um auto­ma­tisch greift.

Dazu sagt Bork Brett­hau­er, Geschäfts­füh­rer von Pro Gene­ri­ka: „Will die Poli­tik Anrei­ze set­zen, eng­pass­ge­fähr­de­te Arz­nei­mit­tel zu pro­du­zie­ren, reicht es nicht, ein ein­zi­ges Preis­sen­kungs-Instru­ment aus­zu­set­zen – es müs­sen alle sein. Ansons­ten ver­puf­fen Maß­nah­men, die eigent­lich gut gemeint sind und der Kos­ten­druck bleibt, wie er ist. Am Pro­blem der Eng­päs­se kann sich dann aber auch nichts ändern.“

Alle Preis­sen­kungs-Instru­men­te auf einen Blick haben wir hier aus­führ­lich erklärt.

* Basis ABDA­TA Stand 15.03.2023, ohne Altoriginale

März 2023

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Trotz ALBVVG: Bald wie­der Eng­päs­se bei Tamoxifen?

Mit dem Gesetz ALBVVG will das Gesund­heits­mi­nis­te­ri­um die Ver­sor­gung mit Krebs-Medi­ka­men­ten verbessern. 

Lie­fer­eng­päs­se bei Tam­oxi­fen wird es aber nicht verhindern.

Ein Jahr ist es her, dass das Brust­krebs­mit­tel Tam­oxi­fen in Deutsch­land knapp wur­de. Nun hat das Gesund­heits­mi­nis­te­ri­um ein Gesetz vor­ge­legt, das Lie­fer­eng­päs­se bekämp­fen soll. Doch die­sen Anspruch erfüllt es nicht. Für die Ver­sor­gung der Tamoxifen-Patient:innen ist der Effekt des Geset­zes gleich Null.

  • IM GESETZ STEHT: Es gibt Maß­nah­men, die aus­drück­lich Onko­lo­gi­ka wie Tam­oxi­fen in den Blick neh­men. Damit Lie­fer­ket­ten diver­si­fi­zier­ter wer­den, soll fort­an in den Aus­schrei­bun­gen immer auch ein euro­päi­scher Her­stel­ler zum Zuge kommen. 

FÜR DIE VER­SOR­UNG BEDEU­TET DAS: Nichts. Die ver­blie­be­nen Tam­oxi­fen-Her­stel­ler wie auch die Zulie­fe­rer stam­men bereits über­wie­gend aus Euro­pa.

  • IM GESETZ STEHT: Prei­se für ver­sor­gungs­kri­ti­sche Arz­nei­mit­tel wie Tam­oxi­fen sol­len um 50 % erhöht wer­den kön­nen – sofern es eine Emp­feh­lung des BfArM ans Gesund­heits­mi­nis­te­ri­um und eine Abstim­mung mit dem GKV-Spit­zen­ver­band gibt.

FÜR DIE VER­SOR­GUNG BEDEU­TET DAS: Nichts. Denn die­se Preis­er­hö­hun­gen kom­men bei Tam­oxi­fen-Her­stel­lern über­haupt nicht an. In den unver­än­dert gül­ti­gen Rabatt­ver­trä­gen, die die Her­stel­ler mit den Kran­ken­kas­sen abge­schlos­sen haben, ist näm­lich fest­ge­legt, dass die Dif­fe­renz zwi­schen altem und neu­em Preis direkt an die Kran­ken­kas­sen abzu­füh­ren ist. Anders als bei den Kin­der­arz­nei­mit­teln sieht der Gesetz­ent­wurf zudem auch kei­ne kom­plet­te Auf­he­bung der Fest­be­trä­ge vor.

Kei­ne Ent­las­tung für Tamoxifen-Hersteller

Bork Brett­hau­er, Geschäfts­füh­rer von Pro Gene­ri­ka, for­dert eine Anpas­sung des Geset­zes­ent­wurfs: „Will das Gesetz die Her­stel­ler ent­las­ten, muss es kon­se­quent vor­ge­hen. Preis­er­hö­hun­gen brin­gen nichts, wenn das Geld bei den Kas­sen und nicht bei den Her­stel­lern lan­det. Die Pro­duk­ti­on von Arz­nei­mit­teln muss wie­der wirt­schaft­lich wer­den, sonst kön­nen Her­stel­ler nicht in den Aus­bau ihrer Pro­duk­ti­on investieren.“

Die letz­ten zwei Her­stel­ler pro­du­zie­ren für 8 Cent pro Pille

Im Febru­ar 2022 war es zum Bei­na­he-Ver­sor­gungs­eng­pass bei Tam­oxi­fen gekom­men. Damals waren fünf Her­stel­ler auf dem Markt gewe­sen. Jetzt sind es nur noch zwei – alle ande­ren haben die Pro­duk­ti­on ein­ge­stellt. Hex­al hat inzwi­schen einen Markt­an­teil von 80 Pro­zent und pro­du­ziert – dar­an hat sich nichts geän­dert – für gut 8 Cent pro Tablet­te.

Dazu sagt Tho­mas Weigold, Geschäfts­füh­rer von Hex­al: „Wir haben im Jahr 2022 eine zusätz­li­che Son­der­pro­duk­ti­on von Tam­oxi­fen ein­ge­lei­tet, um außer­or­dent­lich 20 Mil­lio­nen Tages­do­sen Tam­oxi­fen zu pro­du­zie­ren. Wir sehen uns in der Ver­ant­wor­tung, das für die Gesell­schaft zu tun. Aber vom wirt­schaft­li­chen Gesichts­punkt aus­ge­se­hen, kön­nen wir sol­che außer­ge­wöhn­li­chen Pro­duk­tio­nen bei den jet­zi­gen Prei­sen lang­fris­tig nicht gewähr­leis­ten.“

Febru­ar 2023

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Was bringt die Preis­er­hö­hung für Kinderarzneimittel?

Drei Mona­te lang dür­fen Fie­ber­saft & Co. teu­rer wer­den. So hat es der GKV-Spit­zen­ver­band ver­fügt um das 

Eng­pass-Pro­blem zu bekämp­fen. Aber wo sol­len die­se Arz­nei­mit­tel herkommen?

Auf Drän­gen des Bun­des­ge­sund­heits­mi­nis­te­ri­ums hat der GKV-Spit­zen­ver­band kurz­fris­tig beschlos­sen, Fest­be­trä­ge für eini­ge Kin­der­arz­nei­mit­tel (ins­ge­samt 180 Gene­ri­ka) für drei Mona­te aus­zu­set­zen. So sol­len Fie­ber­saft & Co. schnell wie­der auf den Markt gelan­gen. Die Fra­ge ist jetzt: Wo sol­len die­se Medi­ka­men­te herkommen?

  • Die letz­ten ver­blie­be­nen Her­stel­ler etwa für Fie­ber­saft pro­du­zie­ren bereits rund um die Uhr. Trotz­dem kom­men sie ange­sichts der mas­siv erhöh­ten Nach­fra­ge und ste­tig abrei­ßen­der Lie­fer­ket­ten nicht hinterher.
  • Auch wenn sich die Prei­se für drei Mona­te erhö­hen: Es gibt der­zeit schlicht kei­ne Ware, die kurz­fris­tig auf den Markt gebracht wer­den könnte.
  • Was es zur Lösung des Pro­blems braucht, sind lang­fris­ti­ge Anrei­ze, damit sich wie­der mehr Unter­neh­men an der Pro­duk­ti­on von Kin­der­arz­nei­mit­teln und ande­ren Medi­ka­men­ten beteiligen. 

Es gibt ein­fach zu weni­ge Her­stel­ler für Kinderarzneimittel

„Eine Aus­set­zung der Fest­be­trä­ge für Kin­der­arz­nei­mit­tel, wie sie der GKV-Spit­zen­ver­band ver­fügt hat, ist eine Ges­te – aber sie wird das Pro­blem der Eng­päs­se kurz­fris­tig nicht lösen“, sagt Bork Brett­hau­er, Geschäfts­füh­rer von Pro Gene­ri­ka. „Denn: Woher sol­len die Fie­ber­säf­te plötz­lich kommen?“

Ein Grund für die aktu­el­len Eng­päs­se liegt neben den zuletzt hohen Infek­ti­ons­zah­len dar­in, dass es zu weni­ge Her­stel­ler gibt, die über­haupt noch Kin­der­arz­nei­mit­tel her­stel­len. Und dass die Pro­duk­ti­on für sie dau­er­haft nicht mehr wirt­schaft­lich ist, dar­an ändert auch eine vor­über­ge­hen­de Preis­er­hö­hung nichts.

Brett­hau­er: „Kurz­fris­ti­ge Maß­nah­men lösen kei­ne struk­tu­rel­len Pro­ble­me: Kein Unter­neh­men kann Pro­duk­ti­ons­stät­ten aus­bau­en, wenn nach drei Mona­ten wie­der das „Haupt­sa­che billig“-Prinzip gilt. Her­stel­ler wer­den sich erst wie­der an der Pro­duk­ti­on von Kin­der­arz­nei­mit­teln betei­li­gen, wenn sie auch per­spek­ti­visch mit aus­kömm­li­chen Prei­sen rech­nen können.“

Kos­ten­spar­in­stru­men­te dür­fen Preis­er­hö­hun­gen nicht abschmelzen

Hin­zu kommt: Preis­er­hö­hun­gen stel­len nur Anrei­ze dar, wenn sie auch bei den Unter­neh­men ankom­men. Und das tun sie nur, wenn auch ande­re, rein auf Kos­ten­sen­kung abzie­len­de Rege­lun­gen wie Rabatt­ver­trä­ge, Gene­ri­ka­ra­bat­te oder 4‑G-Regel, aus­ge­setzt werden.

Mit Blick auf das vom Bun­des­ge­sund­heits­mi­nis­te­ri­um geplan­te Gesetz, das die Eng­päs­se bekämp­fen soll, sagt Brett­hau­er: „Die Inten­ti­on des Geset­zes ist rich­tig. Die Poli­tik hat ver­stan­den, dass der jah­re­lan­ge Kos­ten­druck die Eng­päs­se her­bei­ge­führt hat. Jetzt aber kommt es auf die rich­ti­ge Lösung an – und die darf nicht aus gut gemein­ten, aber unwirk­sa­men Adhoc-Maß­nah­men bestehen.“

Die wich­tigs­ten Fra­gen zu den aktu­el­len Arz­nei­mit­t­eng­päs­sen haben wir hier beantwortet.

Janu­ar 2023

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Nur noch zwei Her­stel­ler für Tam­oxi­fen am Markt

Vor kur­zem bang­ten Patient:innen um Tam­oxi­fen. Ursa­che für den Eng­pass war unter ande­rem, dass nur noch 

weni­ge Her­stel­ler das Brust­krebs­mit­tel pro­du­zier­ten. Jetzt sind es noch weni­ger gewor­den: Nur noch zwei Unter­neh­men produzieren

Anfang des Jah­res bang­ten Brustkrebspatient:innen um Tam­oxi­fen – ein alter­na­tiv­lo­ses Mit­tel, das seit Jahr­zehn­ten ein­ge­setzt wird. Ursa­che für den Eng­pass war unter ande­rem, dass nur noch weni­ge Her­stel­ler das Arz­nei­mit­tel pro­du­zier­ten. Jetzt sind es noch weni­ger: Bloß noch zwei Her­stel­ler ver­sor­gen die Patient:innen in Deutsch­land mit Tam­oxi­fen.

Der Grund, dass sich so vie­le Her­stel­ler aus der Pro­duk­ti­on zurück­ge­zo­gen haben, ist der unver­än­dert nied­ri­ge Erstattungspreis.

  • Seit zwölf Jah­ren gilt bei­na­he der­sel­be Fest­be­trag, Her­stel­ler erhal­ten für die Drei­mo­nats­pa­ckung Tam­oxi­fen nur gut 8,80 Euro von den Kran­ken­kas­sen.
  • Seit dem Früh­ling haben wei­te­re Her­stel­ler die Pro­duk­ti­on ein­ge­stellt. Eines davon trägt die Haupt­last – es hat einen Markt­an­teil von vier Fünfteln.

Eng­pass bei Tam­oxi­fen war Fol­ge einer dra­ma­ti­schen Marktkonzentration

Zum Eng­pass bei Tam­oxi­fen kam es, weil eini­ge Zulie­fe­rer ihre Prei­se so weit erhöht hat­ten, dass die Gene­rik­aun­ter­neh­men nicht mehr zum Erstat­tungs­preis hät­ten pro­du­zie­ren kön­nen und sich des­halb neue Zulie­fe­rer suchen muss­ten. Die Her­stel­ler, die das betraf, konn­ten vor­über­ge­hend nicht mehr lie­fern. Die ande­ren wur­den sofort leer­ge­kauft. Das BMG erlaub­te die Ein­fuhr von Tam­oxi­fen-Tablet­ten, ein Unter­neh­men schob eine Son­der­pro­duk­ti­on ein. Das ret­te­te Deutsch­land vor dem Ver­sor­gungs­eng­pass – doch an den Struk­tu­ren ändert es nichts.

Ver­sor­gung wur­de gesi­chert – die Struk­tu­ren sind die gleichen

Im Gegen­teil: Der­zeit sind noch weni­ger Her­stel­ler am Markt als vor der Knapp­heit im Früh­ling. Von ehe­mals vier sind bloß noch zwei übrig. Und davon stemmt eins mehr als vier Fünf­tel der Versorgung.

Poli­tik muss Wirk­stof­fe wie Tam­oxi­fen retten

„Der Eng­pass beim Brust­krebs­mit­tel Tam­oxi­fen konn­te abge­wen­det wer­den, aber das Pro­blem hat sich nicht gelöst. Im Gegen­teil: Die Situa­ti­on am Markt ist noch ver­schärf­ter. Es gibt noch weni­ger Unter­neh­men als vor­her, die die Ver­sor­gung sichern. Wenn die Poli­tik jetzt mit dem Gene­ri­ka-Gesetz die Arz­nei­mit­tel­ver­sor­gung stär­ken will, muss sie zuerst bei ver­sor­gungs­kri­ti­schen Wirk­stof­fen wie Tam­oxi­fen anset­zen. Hier braucht es drin­gend Anrei­ze, damit sich wie­der mehr Unter­neh­men an der Ver­sor­gung betei­li­gen – sonst ist es nur eine Fra­ge der Zeit, bis der nächs­te Eng­pass eintritt.“

Die wich­tigs­ten Fra­gen zu den aktu­el­len Arz­nei­mit­t­eng­päs­sen haben wir hier beantwortet.

Dezem­ber 2022

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Kön­nen 7 Cent Preis­er­hö­hung die Fie­ber­saft-Pro­duk­ti­on retten?

Seit Mona­ten sind Fie­ber­säf­te für Kin­der in Deutsch­land knapp. Grund sind die nied­ri­gen Erstattungspreise.

Jetzt wur­de der Fest­be­trag bei Par­acet­amol-Fie­ber­säf­ten zwar erhöht — jedoch nicht genug, um die Lage zu entspannen.

Seit Mona­ten sind Par­acet­amol-Fie­ber­säf­te für Kin­der in Deutsch­land knapp. Grund sind die nied­ri­gen Erstat­tungs­prei­se. Jetzt wur­de der Fest­be­trag – das ist die Sum­me, die Kran­ken­kas­sen für ein Prä­pa­rat erstat­ten – um 7 Cent für die Her­stel­ler erhöht. Das ist zu wenig, um die Lage zu entspannen.

  • Bloß 1,36 Euro erhält ein Her­stel­ler für eine Fla­sche Par­acet­amol-Fie­ber­saft der­zeit von den Kran­ken­kas­sen erstattet.
  • Ab Janu­ar steigt die­ser Fest­be­trag an – auf 1,43 Euro (Her­stel­ler­ab­ga­be­preis).
  • Der Fest­be­trag für Ibu­profen-Fie­ber­saft – der­zeit eben­falls knapp – wur­de nicht
    erhöht.

Her­stel­lung von Fie­ber­saft für Unter­neh­men nicht mehr wirtschaftlich

Ver­schie­de­ne Kos­ten­spar­in­stru­men­te hal­ten den Preis für Fie­ber­säf­te seit Jah­ren im Kel­ler. Weil sie nicht mehr wirt­schaft­lich war, stie­gen beim Fie­ber­saft mit dem Wirk­stoff Par­acet­amol immer mehr Her­stel­ler aus der Pro­duk­ti­on aus. Seit Mai ver­sorgt Teva allein über 90 Pro­zent des Mark­tes – und hat dabei mit explo­die­ren­den Kos­ten zu kämp­fen: Allein der Preis für den Wirk­stoff Par­acet­amol ist um 70 Pro­zent gestiegen.

Schafft die Anhe­bung des Fest­be­trags Erleichterung?

„Die Erhö­hung bringt uns umge­rech­net 7 Cent mehr pro Fla­sche – zu wenig um aus dem Minus­ge­schäft raus zu kom­men.“, sagt Andre­as Burk­hardt, Geschäfts­füh­rer Teva Deutsch­land und Öster­reich. „Es ist ein posi­ti­ves Signal, das Grund­pro­blem aber bleibt.“ Um wirt­schaft­lich pro­du­zie­ren zu kön­nen, hat Teva nun den Preis über den Fest­be­trag erhöht. Burk­hardt: „Das war kein leich­ter Schritt für uns, da die Pati­en­tin­nen und Pati­en­ten jetzt Zuzah­lun­gen leis­ten müssen.“

Fest­be­trag bei Ibu­profen seit Jah­ren unver­än­dert auf Kellerniveau

Auch bei Ibu­profen-Fie­ber­saft herrscht eine signi­fi­kan­te Markt­kon­zen­tra­ti­on. Zen­ti­va hat rund zwei Drit­tel des Mark­tes zu ver­sor­gen. Auch hier ist das Preis­ni­veau ein Pro­blem. Der Fest­be­trag wur­de in den ver­gan­ge­nen Jah­ren immer nur abge­senkt.  Für Pro Gene­ri­ka-Geschäfts­füh­rer Bork Brett­hau­er ist das Erstat­tungs­sys­tem für Kin­der­arz­nei­mit­tel eine Ursa­che für die aktu­el­le Knapp­heit: „Wer Kin­der­arz­nei­mit­tel her­stellt, wird bestraft. Kin­der benö­ti­gen Säf­te – und die sind teu­rer und auf­wen­di­ger zu pro­du­zie­ren. Die Fest­be­trä­ge berück­sich­ti­gen das nicht aus­rei­chend, das muss sich ändern!“

Wei­te­re Fra­gen und Ant­wor­ten zu der Situa­ti­on bei den Fie­ber­säf­ten fin­den Sie hier.

Novem­ber 2022

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Letz­te Peni­cil­lin-Pro­duk­ti­on Euro­pas kämpft mit den Kosten

Ist Euro­pas letz­te voll­um­fäng­li­che Peni­cil­lin-Pro­duk­ti­on in Gefahr? Wenn sich die Arz­nei­mit­tel-Pro­duk­ti­on auf weni­ge Her­stel­ler und 

Regio­nen kon­zen­triert, ent­ste­hen gefähr­li­che Abhän­gig­kei­ten. Die Ener­gie­kri­se ver­schärft aktu­ell das Pro­blem — das Risi­ko für Eng­päs­se steigt.

Der öster­rei­chi­sche Ort Kundl ist die ein­zi­ge euro­päi­sche Pro­duk­ti­ons­stät­te, in der die­se lebens­wich­ti­ge Arz­nei­mit­tel­grup­pe noch her­ge­stellt wird – und zwar voll­um­fäng­lich, also vom Wirk­stoff bis zum Fer­tig­arz­nei­mit­tel. Jetzt explo­die­ren die Ener­gie­kos­ten und die Fra­ge lau­tet: Wie lan­ge geht das noch?

  • Das Werk in Kundl stellt auch Amoxi­cil­lin her — ein Peni­cil­lin-Deri­vat, das etwa Kin­der bei Lun­gen- oder Mit­tel­ohr­ent­zün­dun­gen ver­schrie­ben bekommen.
  • Der Preis, den die Her­stel­ler dafür bekom­men, sinkt seit Jah­ren. Immer mehr Unter­neh­men haben sich des­halb aus dem Markt zurückgezogen.
  • Als letz­tes gro­ßes Unter­neh­men ist San­doz mit Amoxi­cil­lin auf dem deut­schen Markt. Das Unter­neh­men, das in Kundl pro­du­ziert, hat einen Markt­an­teil von 70 Prozent.

Eine gefähr­li­che Marktkonzentration

Wie ris­kant es ist, wenn die Ver­sor­gung bloß noch von einem Haupt­an­bie­ter gestemmt wird, mer­ken der­zeit die Patient:innen in der Apo­the­ke. Wäh­rend die Bedar­fe an Amoxi­cil­lin in die Höhe schnel­len, kann die Pro­duk­ti­on so schnell nicht ange­passt wer­den. Ers­te Lie­fer­eng­päs­se sind die Fol­ge. Und ande­re Her­stel­ler kön­nen nicht ein­sprin­gen, da sie die Pro­duk­ti­on längst ein­ge­stellt haben.

Stei­gen­de Ener­gie­kos­ten ver­schär­fen das Pro­blem. „Wir haben bei der Anti­bio­ti­ka-Pro­duk­ti­on mas­si­ve Kos­ten­stei­ge­run­gen“, sagt Peter Ste­ni­co, Coun­try Head San­doz Ger­ma­ny. „Das Werk in Kundl ver­braucht etwa so viel Strom wie die Stadt Inns­bruck. Die Ener­gie­kos­ten lagen bis­her bei etwa 10 bis 15 Mil­lio­nen Euro im Jahr. Die Pro­gno­se für 2023: Kos­ten von 100 bis 120 Mil­lio­nen Euro.“

Trotz explo­die­ren­der Kos­ten kön­nen die Her­stel­ler die Prei­se für Amoxi­cil­lin nicht erhö­hen. Die­se wer­den durch Fest­be­trä­ge und aggres­si­ve Aus­schrei­bun­gen der Kran­ken­kas­sen auf Kel­ler­ni­veau festgeschrieben.

„Wenn Unter­neh­men mit der Her­stel­lung von Arz­nei­mit­teln ins Minus rut­schen, müs­sen sie die Pro­duk­ti­on ein­stel­len“, sagt Bork Brett­hau­er, Geschäfts­füh­rer von Pro Gene­ri­ka. „Die Poli­tik muss jetzt gegen­steu­ern und es den Gene­ri­ka-Her­stel­lern mög­lich machen, ihre Prei­se den Kos­ten anzu­pas­sen. Ansons­ten zie­hen sich noch mehr Unter­neh­men zurück und es wird wei­te­re Eng­päs­se geben.“

Okto­ber 2022

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