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So lief unser digi­ta­ler Frühlingstalk!

Sach­ver­stän­di­ge aus Poli­tik, Kran­ken­kas­sen und Indus­trie dis­ku­tier­ten über sta­bi­le­re Lie­fer­ket­ten und mehr Versorgungssicherheit

Die COVID-19-Pan­de­mie hat die Schwä­chen glo­ba­li­sier­ter Lie­fer­ket­ten scho­nungs­los offen­ge­legt. Ob bei Impf­stof­fen, Schutz­aus­rüs­tun­gen oder Gene­ri­ka: Die Fra­gi­li­tät der Ver­sor­gungs­ket­ten und die Abhän­gig­keit Euro­pas von ande­ren Tei­len der Welt ist deut­lich gewor­den – die Aus­wir­kun­gen auf die Ver­sor­gungs­si­cher­heit sind massiv. 

Im Rah­men der deut­schen EU-Rats­prä­si­dent­schaft hat die Bun­des­re­gie­rung die Dis­kus­si­on über eine Stär­kung der euro­päi­schen Wirk­stoff- und Arz­nei­mit­tel­pro­duk­ti­on in Gang gebracht – und das The­ma auf die euro­päi­sche Büh­ne geho­ben. Kurz dar­auf hat die EU-Kom­mis­si­on einen Phar­ma­dia­log gestar­tet, der Soll­bruch­stel­len iden­ti­fi­zie­ren und Lösun­gen für das Pro­blem der dau­er­ge­stress­ten Lie­fer­ket­ten fin­den soll.

Was genau sind die Schwä­chen der glo­ba­li­sier­ten Arz­nei­mit­tel­pro­duk­ti­on? Wie wer­den Lie­fer­ket­ten wie­der resi­li­en­ter? Und was kön­nen die ein­zel­nen Akteu­re (Her­stel­ler, Kas­sen, Poli­tik etc.) jetzt schon für mehr Ver­sor­gungs­si­cher­heit tun?

Dar­über dis­ku­tier­ten Vertreter:innen der Indus­trie und Kran­ken­kas­sen mit Poli­tik und ande­ren Sach­ver­stän­di­gen beim digi­ta­len Pro Gene­ri­ka-Früh­jahrs­talk am 22. April 2021. Die Ver­an­stal­tung wur­de live aus der Lan­des­ver­tre­tung Baden-Würt­tem­berg über­tra­gen und von Moni­ka Jones (Deut­sche Wel­le) moderiert.

War­um wir umden­ken müssen

Frühlingstalk zu Lieferketten, Bork Bretthauer

Bork Brett­hau­er

Geschäfts­füh­rer Pro Generika

Wir brau­chen sta­bi­le­re Lie­fer­ket­ten, Ver­sor­gungs­si­cher­heit muss uns mehr wert sein. Das heißt: weg vom Haupt­sa­che-bil­lig-Prin­zip bei Generika.“

Pro Gene­ri­ka-Geschäfts­füh­rer Bork Brett­hau­er eröff­ne­te die Ver­an­stal­tung mit einem Appell: „Als in der ers­ten Wel­le der Pan­de­mie die Arz­nei­mit­tel auf den Inten­siv­sta­tio­nen knapp wur­den, wur­de vie­len erst klar, wie schnell unse­re Ver­sor­gung ins Wan­ken gera­ten kann. Wir brau­chen sta­bi­le­re Lie­fer­ket­ten, Ver­sor­gungs­si­cher­heit muss uns mehr wert sein. Das heißt: weg vom Haupt­sa­che-bil­lig-Prin­zip bei Generika.“

So sieht die typi­sche Lie­fer­ket­te aus

Frühlingstalk zu Lieferketten, Martin Schwarz

Dr. Mar­tin Schwarz

Sar­ti­con GmbH

Es gibt vie­le Maß­nah­men, die die Ver­sor­gung sta­bi­ler machen. Aber die machen beim der­zei­ti­gen Erstat­tungs­sys­tem betriebs­wirt­schaft­lich wenig Sinn.

Lie­fer­ket­ten-Exper­te Dr. Mar­tin Schwarz (Sar­ti­con) skiz­zier­te die typi­sche Lie­fer­ket­te eines Gene­ri­kums, des­sen Roh­stof­fe in Chi­na und des­sen Wirk­stof­fe in Indi­en her­ge­stellt wer­den – und das dann als Fer­tig­arz­nei­mit­tel via See­fracht nach Euro­pa kommt. Er zeig­te auch Schwach­stel­len auf und mach­te deut­lich, wie leicht eine Erschüt­te­rung (z.B. in Pan­de­mie­zei­ten) eine Lie­fer­ket­te unter­bre­chen und die Ver­sor­gung abrei­ßen kann. Schwarz: „Wir hän­gen von weni­gen Lie­fe­ran­ten ab, die in einer ein­zi­gen Welt­re­gi­on sit­zen. Die­se Abhän­gig­keit müs­sen wir lösen. Und das geht nur, wenn wir das Aus­schrei­bungs­sys­tem ändern.“

Schwarz erklär­te auch das Dilem­ma, in dem Gene­ri­ka-Her­stel­ler ange­sichts der Kran­ken­kas­sen-Aus­schrei­bun­gen ste­cken: „Eine zwei­te Wirk­stoff­quel­le als Zulie­fe­rer, ver­schie­de­ne Ursprungs­län­der der Roh- und Hilfs­stof­fe, eine wei­te­re Pro­duk­ti­ons­stät­te – all das sind Maß­nah­men, die die Ver­sor­gung sta­bi­ler machen, betriebs­wirt­schaft­lich aber im der­zei­ten Erstat­tungs­sys­tem für Gene­ri­ka wenig Sinn ergeben.“

Kei­ne Chan­ce in Ausschreibungen

Chris­toph Stoller

Prä­si­dent Medi­ci­nes for Euro­pe / Teva ratiopharm

Wenn ich in mehr Lie­fer­si­cher­heit inves­tie­re und die Prei­se erhö­hen muss, habe ich in Aus­schrei­bun­gen kei­ne Chance.

Chris­toph Stol­ler, Gene­ral Mana­ger Teva Deutsch­land und Prä­si­dent Medi­ci­nes for Euro­pe, wies dar­auf hin, dass Gene­ri­ka-Unter­neh­men in der Pan­de­mie die Grund­ver­sor­gung auf eige­nes Risi­ko und auf eige­ne Kos­ten gesi­chert haben: „Wir haben die Pro­duk­ti­on erhöht, Fracht­we­ge ver­än­dert, sogar Fah­rer aus der Ren­te geholt. Der Ver­sor­gungss­eng­pass blieb aus, aber das hät­te auch schief­ge­hen kön­nen und darf kei­ne Blau­pau­se sein für die Nach-Kri­sen­zeit. Die Lage ist so: Wenn ich in mehr Lie­fer­si­cher­heit inves­tie­re und die Prei­se erhö­hen muss, habe ich in Aus­schrei­bun­gen kei­ne Chan­ce.“ Sein Resü­mee: „Lie­fer­eng­päs­se waren bereits vor der Pan­de­mie ein The­ma. Coro­na hat die Auf­merk­sam­keit erhöht. Wir müs­sen jetzt ent­spre­chend han­deln, dann hat die­se Kri­se auch etwas Positives.“

Nach­hal­tig­keit muss zum Wett­be­werbs­fak­tor werden

Dr. André Breddemann

BAR­MER

Resi­li­enz muss zukünf­tig ver­stärkt in den Fokus unse­rer Beschaf­fungs­vor­gän­ge gerückt wer­den, Nach­hal­tig­keit zum Wett­be­werbs­vor­teil werden.

Dr. André Bred­de­mann (Abtei­lungs­lei­ter Arz­nei­mit­tel, BAR­MER) stell­te klar, dass sei­ne Kran­ken­kas­se das Pro­blem erkannt hat: „Lie­fer­ket­ten sind nur so stark wie ihr schwächs­tes Glied. Resi­li­enz muss zukünf­tig ver­stärkt in den Fokus unse­rer Beschaf­fungs­vor­gän­ge gerückt wer­den, Nach­hal­tig­keit zum Wett­be­werbs­vor­teil wer­den.“ Bred­de­mann ver­wies auf sei­nen Lie­fe­ran­ten­ko­dex, der ethi­sche, öko­lo­gi­sche und wirt­schaft­li­che Grund­prin­zi­pi­en fest­ge­schrie­ben habe.

War­um die Poli­tik das Pro­blem lösen kann

Frühlingstalk zu Lieferketten, Michael Hennrich

Micha­el Hennrich

MdB / CDU

Immer wie­der wird der Ein­druck ver­mit­telt, Poli­tik kön­ne das Pro­blem der Lie­fer­si­cher­heit nicht lösen. Aber das stimmt nicht. Sie kann es lösen – und sie wird es lösen.“ 

Micha­el Henn­rich, MdB, (CDU/CSU) mach­te deut­lich, dass mehr Ver­sor­gungs­si­cher­heit auch Auf­ga­be der Poli­tik sei. „Es wird sich etwas ver­än­dern. Poli­tik wird es sich nicht erlau­ben kön­nen, noch ein­mal in eine Kri­sen­si­tua­ti­on zu kom­men. Es wäre für mich unvor­stell­bar, dass wir nicht dar­auf reagie­ren.“ Durch die Pan­de­mie sei­en die The­men Lie­fer­si­cher­heit und euro­päi­sche Arz­nei­mit­tel­pro­duk­ti­on stär­ker in den Fokus gerückt – quer durch alle Par­tei­en. „Es besteht ein hohes Bewusst­sein und brei­ter Kon­sens, dies in den Griff zu bekom­men. Wir wer­den dar­an arbei­ten müs­sen, die euro­päi­sche Auto­no­mie zu stär­ken und Her­stel­ler­ka­pa­zi­tä­ten in Euro­pa zu schaffen.“

Geklärt wer­den müs­se, so Henn­rich, was der Gesetz­ge­ber tun kön­ne und was der Markt selbst regu­lie­re. Henn­rich: „Kri­te­ri­en für mehr Lie­fer­si­cher­heit müs­sen in die Ver­trä­ge. Den Rah­men gibt der Gesetz­ge­ber vor. Immer wie­der wird der Ein­druck ver­mit­telt, Poli­tik kön­ne das Pro­blem der Lie­fer­si­cher­heit nicht lösen. Aber das stimmt nicht. Sie kann es lösen – und sie wird es lösen.“ 

Mehr “Made in Euro­pe” bedeu­tet höhe­re Preise

Kordula Schulz-Asche, Frühlingstalk zu Lieferketten

Kor­du­la Schulz-Asche

MdB / Bünd­nis 90/GRÜNE

Wir müs­sen die Arz­nei­mit­tel­ver­sor­gung resi­li­en­ter machen. Mit Stra­te­gien, die Kräf­te euro­pa­weit bün­deln. Und Soli­da­ri­tät für den glo­ba­len Süden. Dafür sind auch Prei­se nötig, die euro­päi­sche Pro­duk­ti­on ermöglichen.

Für Kor­du­la Schulz-Asche, MdB (Bünd­nis 90 / GRÜ­NE) braucht es eine gesamt­eu­ro­päi­sche Lösung. „Coro­na zeigt es wie unter der Lupe: Wir müs­sen die Arz­nei­mit­tel­ver­sor­gung resi­li­en­ter machen. Mit Stra­te­gien, die Kräf­te euro­pa­weit bün­deln. Und Soli­da­ri­tät für den glo­ba­len Süden. Dafür sind auch Prei­se nötig, die euro­päi­sche Pro­duk­ti­on ermöglichen.“ 

Hier kön­nen Sie sich die Ver­an­stal­tung ansehen.