
Die Studie „Zukunft der europäischen Generika- und Biosimilarsindustrie 2030plus“ zeigt, wie unsere Arzneimittelversorgung in zehn Jahren und mehr aussehen könnte. Sie untersucht, welche Faktoren die Entwicklung beeinflussen und in welchen Szenarien diese münden können.
Die von Pro Generika in Auftrag gegebene Studie wurde von der SIBE auf Basis von Befragungen, Recherchen und wissenschaftlichen Analysen durchgeführt. Die wichtigsten Fragen und erste Ergebnisse haben wir für Sie vorab zusammengefasst.
… und wie wahrscheinlich ihr Eintreffen ist
… und wie sie die Entwicklung bestimmen
… und wie die Zukunft konkret aussehen kann
Werden wir uns im Jahr 2030 unsere Arzneimittel per 3-D-Drucker ausdrucken? Wird uns eine Online-Plattform die Medikamente ins Haus liefern? Und wird es angesichts eines immer dominanter werdenen Selbstoptimierungstrends überhaupt noch Volkskrankheiten geben? Fragen wie diesen geht die Pro Generika-Zukunftsstudie nach. Sie will wissen: Welche Trends bestimmen die Arzneimittelversorgung der Zukunft - und wie wirken sich diese auf die Generika- und Biosimilar-Branche aus?
Antworten fand die Studie der School of International Business and Entrepreneurship (SIBE) in einem ehrgeizigen Projekt. Wie die Forschenden vorgingen, erfahren Sie hier!
Die Studie enthält 12 Zukunftsthesen, sogenannte Projektionen, die bis 2030 eintreten könnten. Diese wurden im Vorwege der Studie formuliert und von 61 Expert:innen mit Blick auf ihre Plausibilität bewertet sowie in mehr als 800 Textbeiträgen schriftlich diskutiert (Delphi-Befragung).
Die Projektionen erstrecken sich über verschiedene Themenfelder. Sie werfen Fragen auf wie „Wird es eine Re-lokalisierung der Arzneimittelproduktion in Europa in den kommenden 5, 10 oder 15 Jahren geben?“, „Welche Rolle wird der 3-D-Medikamentendruck für Produktion und Distribution spielen?“ oder „Werden branchenfremde Technologieunternehmen mit digitalen Verkaufsplattformen die Generika-Hersteller in die Rolle der Zulieferer verdrängen?“ Die Beantwortung der einzelnen Fragen erfolgte auf Basis der Einschätzung, die die Delphi-Sachverständigen vorgenommen haben.
In der weiteren Analyse wurden 36 Faktoren (sogenannte Chancen) identifiziert, die für die Zukunft besonders viel Erfolgspotenzial versprechen. Das sind Innovationen, bereits bestehende Prototypen, neuartige Geschäftsmodelle – aber auch politische Entwicklungen.
Auf Basis der Delphi-Befragung und umfangreicher Umfeldanalysen sind schließlich vier mögliche Zukunftsszenarien entstanden, die ein Bild abgeben, wie die Arzneimittelversorgung im Jahr 2030 und darüber hinaus aussehen könnte. Daraus abgeleitet finden Generika- und Biosimilar-Unternehmen Handlungsoptionen, die Impulse für den Blick auf die eigene Zukunft liefern können.
Die 61 Sachverständigen der Delphi-Befragung stammen aus der Generika- und Biosimilar-Industrie: aus der Ärzte- und Apothekerschaft und dem Großhandel. Befragt wurden Forscher:innen und Wissenschaftler:innen, außerdem Vertreter:innen von Ministerien, Verbänden und der Fachpresse. Zusätzlich wurden 11 Vordenker:innen aus ihren jeweiligen Bereichen gebeten, zu einzelnen Themenkomplexen Stellung zu nehmen.
Biotech-Investor
Ein zentrales Thema der Pro Generika-Zukunftsstudie ist der Kostendruck auf die Generika- und Biosimilar-Branche und dessen Auswirkungen auf die Produktion. Hier zeigt sich ein weites Spektrum an Meinungen. Während Experten:innen wie Dr. Ariane Höer, Leiterin Bereich Arzneimittelmarkt IGES Institut, oder der Präsident des europäischen Generika-Verbandes Christoph Stoller, General Manager Teva Deutschland, den Nachhaltigkeitstrend und die verstärkte Wirkstoffproduktion in Europa für unausweichlich halten, sieht Biotech-Investor Dr. Thomas Strüngmann insbesondere eine Verschärfung der Kostensituation. Seine Prognose: Der zunehmende Kostendruck wird eine Spaltung der Generika-Branche hervorbringen. Auf der einen Seite werde es Unternehmen mit hocheffizienten Wertschöpfungsketten und großer Massenproduktion geben – auf der anderen die Unternehmen, die in Innovation und in Biosimilars investierten.
Ein weiteres Thema, zu dem sich u.a. Ingmar Hoerr, Gründer des Biotech-Unternehmens CureVac, sowie Thomas Hillek, Partner und Head of Life Sciences & Chemicals bei der KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, äußern, ist der Einfluss von Technologieunternehmen auf die Generika-Branche sowie die Konsequenzen aus Digital Health und der personalisierten Medizin.
Ein wichtiger Beitrag ist auch der von Maximilian Becker, Managing Director BASF Portugal, zur möglichen Auslagerung der Generika- und Biosimilar-Produktion nach Afrika.
„Viele Insider der Generika-Branche gehen offenbar davon aus, dass die Zukunft ein beschlossener Deal auf Basis des bisher erfolgreichen Geschäftsmodells sei. Richtig ist: Nach 50 Jahren Erfolgsgeschichte wird das Geschäftsmodell der Generika-Hersteller mit Disruptionen wie der personalisierten Medizin, jenes der Biosimilars-Hersteller mit neuen Chancen wie dem mobilen Bioreaktor konfrontiert. Für beide Industrien heißt das: Jetzt reagieren! Und noch rechtzeitig strategische Allianzen, neue Geschäftsfelder oder Kooperationen anzugehen, um neue Märkte und Technologien zu erobern.“
„Alle reden von Digitaler Revolution, Digital Health – und vom 3D-Druck. Die Branche aber fühlt sich von diesen tiefgreifenden Entwicklungen wenig beeinflusst. Das ist naiv, denn die Konsequenz von Internet-Plattformen für Generika-Hersteller ist immens. Nicht nur, weil eine Plattform neuer Vertriebskanäle schafft, sondern auch, weil sie die Macht der Daten ermöglicht. Darüber könnten – selbstverständlich im Rahmen des besonderen gesetzlichen Schutzes für Gesundheitsdaten – aber auch Unternehmen verfügen, die zum Quantified Enterprise transformieren. Das sind Unternehmen, die Datensammelstellen maximieren mit dem Ziel, daraus eine bessere Governance und einen nachhaltigen Markterfolg zu generieren. Sie nutzen Daten in Zukunft nicht mehr nur beschreibend (deskriptiv) und vorhersagend (prädiktiv), sondern für die aktive Gestaltung (präskriptiv).“
„Das am häufigsten genannte Argument, mit dem sich die Branche gegen Entwicklungen verwehrt, ist der Preis. Es lautet in etwa: „Generika und Biosimilars wird es immer geben, weil das Gesundheitswesen ohne preisgünstige Alternativen unter der Kostenlawine zusammenbricht“ oder „Die Politik wird nicht zulassen, dass Amazon & Co uns verdrängen, weil wir zu wichtig für die Versorgung sind.“ Aber es gibt auch Gegenargumente: „Wenn Künstliche Intelligenz marktreif wird, werden Originalpräparate dank dramatisch fallender Forschungskosten (fast) so günstig wie vormals Generika.“ Oder auch: „Wenn 3D- oder gar 4D-Druck massenmarktreif werden, stürzt ohnehin so gut wie jede herkömmliche Art der Produktion.“ Bislang sagten die Skeptiker und Skeptikerinnen: „3D-Druck wird niemals massentauglich!“ 1970 sagten das wahrscheinlich in ähnlicher Weise Experten über den PC für Zuhause, der heute in Milliarden von Haushalten steht.“

Präsident des europäischen Generika-Verbandes & General Manager Teva Deutschland
Die Wertschöpfung hat sich bis 2030 revolutioniert.
Neue Technologien wie der 3D- und 4D-Druck kommen in Apotheken und an anderen dezentralen Standorten zum Einsatz, sogar auch in etlichen Privathaushalten. Die Arzneimittelbranche hat sich auf die Plattformökonomie eingestellt, indem traditionelle Hersteller nun ebenfalls Plattformen im direkten Kontakt zu den Patient:innen aufgebaut haben und Direktvertriebsstrukturen zum Beispiel für 3D-Drucker, für die sie die dezentralen Standorte mit Rohstoffkartuschen versorgen, etablieren.

Gründer des Biotech-Unternehmens CureVac
Schritt für Schritt ist die Arzneimittelbranche aus Europa abgewandert – vor allem in die großen neuen bevölkerungsreichen Absatzmärkte in Afrika. Der europäische Markt wird mit klassischen Vertriebsgesellschaften und Kooperationen bedient.
Dadurch steigt die Abhängigkeit von fremden Ländern und die Häufigkeit von Versorgungsengpässen – doch die Kosteneinsparungen dadurch sind enorm.

Managing Director BASF Portugal
Die starke Individualisierung von Medizin und Therapie hat den klassischen Generika-Markt weitgehend zerstört: Hoch individuelle Therapien arbeiten eben nicht mit generischen, sondern mit spezifischen und personalisierten Arzneimitteln.
Deshalb hat sich die Branche evolutionär, also schrittweise auf ganz andere Produkte spezialisiert. Die Arzneimittelbranche hat sich auf das Feld der Prophylaxe, Lifestyle-Medikation und Selbstoptimierung konzentriert. Nicht alle Hersteller haben diese Neuorientierung erfolgreich bewältigt.

President Central Europe IQVIA Germany

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