Zahl des Monats  August 2018 

Immer mehr Stim­men, dar­un­ter auch Ärz­te und Apo­the­ker, for­dern eine Stär­kung der Arz­nei­mit­tel­pro­duk­ti­on in Deutsch­land und Europa.

Jetzt bie­tet sich mit dem EU-Geset­zes­ent­wurf zum soge­nann­ten Manu­fac­tu­ring Wai­ver (=Aus­nah­me) eine gute Gele­gen­heit. Der Ent­wurf sieht vor, dass zukünf­tig gene­ri­sche Fir­men Arz­nei­mit­tel in Deutsch­land bereits her­stel­len dür­fen, wenn für sie noch der ver­län­ger­te Patent­schutz in Form von Schutz­zer­ti­fi­ka­ten (SPC) gilt. Aller­dings sind gleich drei Hin­der­nis­se in die­se Rege­lung ein­ge­baut, so dass der Ent­wurf in sei­ner jet­zi­gen Form die Pro­duk­ti­on in Deutsch­land bzw. Euro­pa nicht stär­ken wird. Die Bun­des­re­gie­rung soll­te sich für eine effek­ti­ve­re Aus­ge­stal­tung einsetzen.

  • Der­zeit soll der Wai­ver zum einen nur für die Arz­nei­mit­tel-Pro­duk­ti­on für den Export gel­ten. Zum ande­ren unter­liegt die Pro­duk­ti­on hohen büro­kra­ti­schen Hür­den und zusätz­lich gel­ten sehr lan­ge Übergangsfristen.
  • Es ergibt kei­nen Sinn, fürs Aus­land in Deutsch­land pro­du­zie­ren zu kön­nen, aber die für Deutsch­land benö­tig­ten Men­gen wei­ter­hin im Aus­land pro­du­zie­ren zu müssen.
  • Von einer erwei­ter­ten Wai­ver-Rege­lung wür­den sämt­li­che phar­ma­zeu­ti­schen Fir­men pro­fi­tie­ren, die einen Pro­duk­ti­ons­stand­ort in Deutsch­land haben.

Der jet­zi­ge Ent­wurf der EU-Kom­mis­si­on wür­de zu der nahe­zu absur­den Situa­ti­on füh­ren, dass zwar phar­ma­zeu­ti­sche Fir­men zukünf­tig wäh­rend SPC-Gel­tung in Deutsch­land für den Export ins Aus­land pro­du­zie­ren dürf­ten, aber auch in Zukunft gesetz­lich gezwun­gen blie­ben, im Non-EU-Aus­land für den Launch-Bedarf in Deutsch­land zu pro­du­zie­ren. Der ein­zi­ge Aus­weg aus die­sem Para­do­xon wäre, dass sich die Bun­des­re­gie­rung in Brüs­sel dafür ein­setzt, auch die­se Vor­rats­pro­duk­ti­on in Deutsch­land zu ermöglichen.

Denn ent­ge­gen viel­fa­cher Behaup­tung wird das Recht des geis­ti­gen Eigen­tums auch durch einen umfas­sen­den Wai­ver nicht berührt, denn gene­ri­sche Arz­nei­mit­tel wer­den mit und ohne Wai­ver genau wie heu­te am Tag 1 nach Schutz­rechts­ab­lauf in die deut­schen Apo­the­ken kom­men, nur dass sie ohne Wai­ver wei­ter­hin im Aus­land her­ge­stellt wer­den müs­sen. Die zusätz­lich ein­ge­bau­ten büro­kra­ti­schen Hür­den betref­fen wich­ti­ge Betriebs- und Geschäfts­ge­heim­nis­se, die bis­lang zwar den Behör­den mit­ge­teilt, nicht aber ver­öf­fent­licht wurden.

Ein sol­cher Ansatz stärkt die Pro­duk­ti­on in Deutsch­land in kei­ner Wei­se und dies, obwohl nicht nur Gene­rikaun­ter­neh­men von der Aus­nah­me­re­ge­lung pro­fi­tie­ren wür­den, son­dern grund­sätz­lich sämt­li­che Unter­neh­men, die Pro­duk­ti­ons­ka­pa­zi­tä­ten in Deutsch­land haben, also auch Ori­gi­nal­her­stel­ler, Auf­trags­her­stel­ler und alle Zulie­fe­rer. Es wäre ein völ­lig fal­sches Signal, wür­de die­ser umfas­sen­de Wai­ver am Wider­stand Deutsch­lands in Brüs­sel scheitern. 

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