So abhängig sind wir von China
- Am kommenden Montag (18. November 2024) ist Europäischer Antibiotika-Tag.
- Dazu legt Pro Generika eine Heatmap vor: Diese zeigt den Sitz sämtlicher Fabriken, die Antibiotika-Wirkstoffe für den europäischen Markt produzieren.
- Deutlich wird: Die Abhängigkeit von China ist riesig – nur noch ein Fünftel der Herstellungsstätten sitzt in Europa.
Hier stehen die Fabriken, die unsere Antibiotika-Wirkstoffe produzieren
Quelle: QYOBO für Pro Generika
Diese Heatmap zeigt, wo die Hersteller sitzen, die Antibiotika-Wirkstoffe für den europäischen Markt produzieren. Der Großteil ist in China ansässig. Die daraus resultierende Abhängigkeit kann gewaltige Konsequenzen haben.
Diese fünf Dinge sollten Sie wissen!
1. Die Abhängigkeit kann gefährlich werden
Das Gros unserer Antibiotika-Wirkstoffe kommt aus China. Brisant daran: Kommt es etwa zum chinesischen Angriff auf Taiwan oder zum Handelskonflikt mit China, könnten diese Lieferungen wegfallen. Europa stünde ohne (über-)lebenswichtige Medikamente da.
Beispiel: Für Doxycyclin (wirkt gegen Borreliose und Lungenentzündung und derzeit immer wieder knapp) ist China der mit Abstand größte Wirkstoff-Lieferant.
2. Die Versorgungssicherheit wackelte bereit
Die massive Abhängigkeit von China erhöht das Risiko von teils dramatischen Engpässen. Ein Beispiel aus der Vergangenheit: Als 2016 eine chinesische Fabrik für das Reserveantibiotikum PipTaz (wirgt gegen Blutvergiftung, Lungenentzündung) explodierte, fielen 70 Prozent der Lieferungen weg.
Das brachte auch in Deutschland Patient:innen in Gefahr. Evidenzbasierte Behandlungsoptionen für Ärzt:innen waren eingeschränkt.
3. Die Knappheit bei Kinder-Antibiotika hat medizinische Folgen
Antibiotika-Säfte für Kinder sind laut BfArM seit 2023 knapp. In der Erkältungssaison mussten Kinderärzt:innen deshalb immer wieder zum medizinisch zweitbesten Antibiotikum greifen. Antibiotika sind aber untereinander nicht gut austauschbar. Ein Mittel zweiter Wahl kann zu Resistenzen führen und die Wirksamkeit weiterer Antibiotika beeinträchtigen.
Im Winter 2022 wurden Kinder zur intravenösen Behandlung ins Krankenhaus geschickt, weil ein Antibiotikum für die ambulante Versorgung nicht verfügbar war.
4. Die Produktion von Cent-Artikeln ist oft nicht mehr wirtschaftlich
Die Herstellung von Antibiotika ist so aufwändig, dass sie sich angesichts der niedrigen Preise oft nicht mehr lohnt. Für eine Packung Doxycyclin etwa erhält der Hersteller 42 Cent – und darauf muss er nochmal Rabatte gewähren.
Die Folge: Hersteller reduzieren Kapazitäten oder steigen ganz aus. Bei Doxycyclin ist die Zahl europäischer Hersteller im letzten Jahr von vier auf zwei gefallen. Es waren einmal 20 Anbieter im Markt.
5. Jetzt gilt es, europäische Werke zu stärken
Gut ist: Es gibt noch Werke in Europa, die Antibiotika-Wirkstoffe für europäische Patient:innen herstellen (z.B. im österreichischen Kundl oder im portugiesischen Labesfal (LINK)). Und genau die gilt es jetzt zu stärken und auszubauen oder gar neue zu errichten.
Dafür braucht es Anreize für die Unternehmen und politischen Willen. Ersteres fehlt komplett – und das zweite ist schwer erkennbar.
14.11.2024