Presse

Kom­mu­nal­ab­was­ser­richt­li­nie

Ein­sei­ti­ge Belas­tung der Arz­nei­mit­tel-Her­stel­ler wäre verfassungswidrig

Eine Son­der­ab­ga­be für Arz­nei­mit­tel-Her­stel­ler zur Finan­zie­rung einer vier­ten Rei­ni­gungs­stu­fe für Klär­an­la­gen wäre ver­fas­sungs­wid­rig. Das stellt ein Gut­ach­ten des Bon­ner Ver­fas­sungs­recht­lers Prof. Udo Di Fabio klar. Zudem hät­te eine solch ein­sei­ti­ge Belas­tung nega­ti­ve Aus­wir­kun­gen auf die Pati­en­ten­ver­sor­gung. Der Bun­des­ver­band der Arz­nei­mit­tel-Her­stel­ler (BAH), der Bun­des­ver­band der Phar­ma­zeu­ti­schen Indus­trie (BPI), Pro Gene­ri­ka und der Ver­band der for­schen­den Phar­ma-Unter­neh­men (vfa) kri­ti­sie­ren daher die Plä­ne der Euro­päi­schen Kom­mis­si­on zur Über­ar­bei­tung der Richt­li­nie über die Behand­lung von kom­mu­na­lem Abwas­ser, die heu­te vor­ge­stellt wur­den. Phar­ma­zeu­ti­sche Unter­neh­men sol­len über eine Umwelt­son­der­ab­ga­be ver­pflich­tet wer­den, die Kos­ten für eine not­wen­di­ge vier­te Rei­ni­gungs­stu­fe für Klär­an­la­gen zu tragen.

Die medi­zi­ni­sche Ver­sor­gung der Pati­en­tin­nen und Pati­en­ten mit wirk­sa­men und siche­ren Arz­nei­mit­teln soll­te höchs­te Prio­ri­tät haben. Die Gesell­schaft hat nicht ohne Grund der Gesund­heit einen so hohen Stel­len­wert ein­ge­räumt, dass die Gesund­heits­sys­te­me in der EU auf dem Soli­da­ri­täts­prin­zip basie­ren. Trifft eine Krank­heit einen Men­schen, so erhält die­ser die Unter­stüt­zung aller. Von der Anwen­dung von Arz­nei­mit­teln pro­fi­tie­ren dabei sowohl die ein­zel­ne Pati­en­tin / der ein­zel­ne Pati­ent, etwa durch eine Hei­lung oder eine Lin­de­rung der Beschwer­den, als auch die gesam­te Gesell­schaft, indem ein Pati­ent bei­spiels­wei­se frü­her wie­der arbeits­fä­hig wird oder sich um sei­ne Fami­lie küm­mern kann. Die­ses Ver­ständ­nis vom Gesund­heits­schutz als gesamt­ge­sell­schaft­li­cher Auf­ga­be muss sich auch auf die Besei­ti­gung von Arz­nei­mit­tel­rück­stän­den aus dem Abwas­ser erstre­cken. Daher ist ein gesamt­ge­sell­schaft­li­cher Ansatz zur Finan­zie­rung der vier­ten Rei­ni­gungs­stu­fe nach Vor­bild der Schweiz angemessen.

War­um ein sys­tem­re­le­van­ter Sek­tor wie die phar­ma­zeu­ti­sche Indus­trie ein­sei­tig durch zusätz­li­che Kos­ten benach­tei­ligt wer­den soll, obwohl Mikro­ver­un­rei­ni­gun­gen nach­weis­bar durch vie­le unter­schied­li­che Stoff­grup­pen her­vor­ge­ru­fen wer­den, ist nicht nach­voll­zieh­bar. Arz­nei­mit­tel­wirk­stof­fe machen nur einen gerin­gen Anteil aller regis­trier­ten che­mi­schen Stof­fe aus und wer­den auch nur in gerin­ge­ren Men­gen ein­ge­setzt. Eine Umwelt­son­der­ab­ga­be wür­de zu einem dis­kri­mi­nie­ren­den Modell füh­ren, da ein­sei­tig Arz­nei­mit­tel-Her­stel­ler belas­tet wür­den. Sie wäre eine erheb­li­che Mehr­be­las­tung für phar­ma­zeu­ti­sche Unter­neh­men in Zei­ten ohne­hin mas­siv stei­gen­der Kos­ten. Die Fol­ge: Wich­ti­ge Arz­nei­mit­tel in Euro­pa könn­ten nicht mehr zur Ver­fü­gung stehen.

Link zum Gut­ach­ten: https://bit.ly/3eLAUFJ
Link zum Vor­schlag der Euro­päi­schen Kom­mis­si­on: https://bit.ly/3W1yBz1

Kon­takt:

  • BAH: Chris­tof Wein­gärt­ner, Tel. 030 3087596–127, weingaertner@bah-bonn.de
  • BPI: Andre­as Aumann, Tel. 030 279 09–123, aaumann@bpi.de
  • Pro Gene­ri­ka: Anna Stein­bach, Tel. 030 8161609–60, steinbach@progenerika.de
  • vfa: Dr. Rolf Höm­ke, Tel. 030 20604–204, r.hoemke@vfa.de

26.10.2022