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Infek­ti­ons­schutz in Gefahr: Ver­bän­de war­nen vor Gefah­ren­ein­stu­fung von Ethanol

14 Ver­bän­de der Gesund­heits­wirt­schaft wen­den sich ent­schie­den gegen die geplan­te Ein­stu­fung von Etha­nol als so genann­ter CMR-Stoff. Sie war­nen vor weit­rei­chen­den Folgen

für Infek­ti­ons­schutz, Arz­nei­mit­tel­pro­duk­ti­on und die Wett­be­werbs­fä­hig­keit euro­päi­scher Her­stel­ler. Das fol­gen­de Q&A fasst die wich­tigs­ten Hin­ter­grün­de zusammen.

Was ist geplant?

Die Euro­päi­sche Che­mi­ka­li­en­agen­tur (ECHA) erwägt der­zeit, Etha­nol als soge­nann­ten CMR-Stoff ein­zu­stu­fen – also als poten­zi­ell krebs­er­re­gend ©, erb­gut­ver­än­dernd (M) oder fort­pflan­zungs­ge­fähr­dend ®. Zur Dis­kus­si­on steht die Ein­stu­fung in Kate­go­rie 2 (Ver­dacht auf schäd­li­che Wir­kung) oder sogar in Kate­go­rie 1 (nach­ge­wie­se­ne schäd­li­che Wirkung).

War­um ist Etha­nol so wich­tig für die Pharmaindustrie?

Etha­nol ist ein zen­tra­ler Bestand­teil in vie­len phar­ma­zeu­ti­schen Prozessen:

  • Als Lösungs- und Rei­ni­gungs­mit­tel bei der Her­stel­lung von Arzneimitteln
  • In der Laboranalytik
  • Als Kon­ser­vie­rungs- oder Extraktionsmittel
  • Und vor allem: als hoch­wirk­sa­mer Bestand­teil von Desinfektionsmitteln

Etha­nol wirkt umfas­send gegen Bak­te­ri­en und Viren – dar­un­ter auch beson­ders wider­stands­fä­hi­ge unbe­hüll­te Viren wie Polio­vi­ren oder Noro­vi­ren – und spielt eine Schlüs­sel­rol­le im Infek­ti­ons­schutz in Krankenhäusern.

Was wären die Fol­gen einer CMR-Einstufung?

Eine sol­che Ein­stu­fung hät­te tief­grei­fen­de Aus­wir­kun­gen, beson­ders auf die Generika-Industrie:

  • Regu­la­to­ri­sche Hür­den: Die Ver­wen­dung von Etha­nol wäre nur noch mit auf­wän­di­gen Geneh­mi­gungs­ver­fah­ren erlaubt.
  • Kos­ten­stei­ge­run­gen: Sub­sti­tu­ti­ons­prü­fun­gen und neue Sicher­heits­maß­nah­men ver­ur­sa­chen hohe Zusatzkosten.
  • Wirt­schaft­li­che Gefähr­dung: Beson­ders für Her­stel­ler von Gene­ri­ka, deren Prei­se staat­lich regu­liert sind, wären die­se Mehr­kos­ten nicht wei­ter­geb­bar – das gefähr­det die Wirt­schaft­lich­keit vie­ler Produktionen.
  • Ver­sor­gungs­eng­päs­se: Etha­nol ist nicht ersetz­bar – alter­na­ti­ve Stof­fe wie Pro­pa­nol sind weni­ger wirk­sam und kaum ver­füg­bar. Nur fünf Unter­neh­men in der EU pro­du­zie­ren Propanol.

Wie wäre die Wett­be­werbs­fä­hig­keit euro­päi­scher Her­stel­ler betroffen?

Deut­lich nega­tiv. Wäh­rend Her­stel­ler in Dritt­staa­ten wie Indi­en oder Chi­na oft weni­ger stren­gen Vor­ga­ben unter­lie­gen, müss­ten euro­päi­sche Fir­men mit erheb­li­chen Zusatz­auf­la­gen kämp­fen. Das wür­de die inter­na­tio­na­le Wett­be­werbs­fä­hig­keit der EU-Indus­trie wei­ter schwä­chen – aus­ge­rech­net in einer Zeit, in der die Resi­li­enz der Arz­nei­mit­tel­pro­duk­ti­on gestärkt wer­den sollte.

Was kri­ti­sie­ren die Ver­bän­de kon­kret an der geplan­ten Einstufung?

Die geplan­te CMR-Klas­si­fi­zie­rung basiert fast aus­schließ­lich auf Daten zum Alko­hol­miss­brauch beim Trin­ken – also zur ora­len Auf­nah­me. Im Gesund­heits­be­reich jedoch wird Etha­nol aus­schließ­lich sach­ge­mäß ver­wen­det, etwa über die Haut (z. B. bei Des­in­fek­ti­on) oder in Aus­nah­me­fäl­len inhalativ.

Laut toxi­ko­lo­gi­scher Bewer­tung sind die­se Auf­nah­me­pfa­de unbe­denk­lich. Es gibt kei­ne Evi­denz, dass Etha­nol bei der pro­fes­sio­nel­len Anwen­dung im Gesund­heits­we­sen CMR-Eigen­schaf­ten entfaltet.

Was for­dern die Verbände?

Die Ver­bän­de der deut­schen Gesund­heits­wirt­schaft fordern:

  • Einen Stopp der geplan­ten Einstufung
  • Eine dif­fe­ren­zier­te Betrach­tung des tat­säch­li­chen Ein­sat­zes von Ethanol
  • Eine kla­re Posi­tio­nie­rung der Bun­des­re­gie­rung gegen die undif­fe­ren­zier­te Neubewertung
  • Den Erhalt von Etha­nol als unver­zicht­ba­ren Wirk­stoff im Gesundheitswesen

In einem Posi­ti­ons­pa­pier wer­den sich 14 Ver­bän­de der Gesund­heits­wirt­schaft gegen die geplan­te Ein­stu­fung von Etha­nol als so genann­ter CMR-Stoff und  war­nen vor weit­rei­chen­den Folgen.

Zum Positionspapier 

21.03.2025