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Neu­er Eng­pass-Tsu­na­mi: Die Fol­gen der EU-Abwas­ser­richt­li­nie KARL

Die neue kom­mu­na­le Abwas­ser­richt­li­nie (KARL) aus Brüs­sel könn­te die aktu­el­le Medi­ka­men­ten­knapp­heit dras­tisch verschärfen.

Sie belas­tet die Gene­ri­ka-Her­stel­ler stark und kann die Pro­duk­ti­on lebens­wich­ti­ger Arz­nei­mit­tel unwirt­schaft­lich machen. Jetzt kommt es auf die Bun­des­re­gie­rung an. 

Dar­um geht’s!

Die EU-Abwas­ser­richt­li­nie belas­tet Gene­ri­ka-Her­stel­ler mas­siv und trifft eine Bran­che, die schwer unter Kos­ten­druck steht.

Die Mehr­kos­ten für die Pro­duk­ti­on fal­len der­art hoch aus, dass die Pro­duk­ti­on von Dia­be­tes­mit­teln, Krebs-Medi­ka­men­ten und Anti­bio­ti­ka zum Ver­lust­ge­schäft wird.

Da die Prei­se fixiert sind, wer­den die Her­stel­ler die­se Arz­nei­mit­tel vom Markt neh­men müssen.

Die Fol­ge kann ein Tsu­na­mi an Eng­päs­sen sein.

Jetzt muss die Bun­des­re­gie­rung in der Umset­zung eine Lösung schaf­fen, die sowohl den Umwelt­schutz als auch die Ver­sor­gungs­si­cher­heit mit Arz­nei­mit­teln gewährleistet.

Die kom­mu­na­le Abwas­ser­richt­li­nie (KARL), die Ende 2024 in Kraft getre­ten ist, könn­te gra­vie­ren­de Fol­gen für die Arz­nei­mit­tel­ver­sor­gung in Deutsch­land haben. Die geplan­te Auf­rüs­tung der Klär­wer­ke um die so genann­te vier­te Rei­ni­gungs­stu­fe soll zu min­des­tens 80 Pro­zent von Arz­nei­mit­tel- sowie Kos­me­ti­ka-Her­stel­lern finan­ziert wer­den. Die­se mas­si­ve finan­zi­el­le Belas­tung trifft ins­be­son­de­re die Gene­ri­ka-Unter­neh­men und kann die aktu­el­le Medi­ka­men­ten­knapp­heit dras­tisch verschärfen.

Dass es die vier­te Rei­ni­gungs­stu­fe braucht, um Mikro­schad­stof­fe — also Arz­nei­mit­tel und Kos­me­ti­ka, aber auch Far­ben, Rei­ni­gungs­mit­tel, Gum­mi­ab­rieb etc. — aus dem Abwas­ser zu ent­fer­nen, ist unstrit­tig. Aller­dings ist zu beden­ken: Die­se gelan­gen nicht durch Pro­duk­ti­ons­ab­wäs­ser dort­hin, son­dern durch Aus­schei­dun­gen der Pati­en­ten und Pati­en­tin­nen. Des­halb ist die nun­mehr gere­gel­te Finan­zie­rung nach dem Prin­zip der Her­stel­ler­ver­ant­wor­tung zwei­fel­haft. Der Aus­bau der drit­ten Klär­stu­fe wur­de über die Abwas­ser­ge­büh­ren bezahlt – und so soll­te es auch dies­mal gehand­habt werden.

Unver­hält­nis­mä­ßi­ge Kos­ten­be­las­tung für Generika-Hersteller

Rund 9 Mil­li­ar­den Euro wird der Aus­bau der Klär­wer­ke in Deutsch­land nach Schät­zun­gen des Ver­bands kom­mu­na­ler Unter­neh­men (VKU) kos­ten. Ande­re Schät­zun­gen lie­gen deut­lich dar­über. Die jähr­li­chen Betriebs­kos­ten wer­den auf 1 Mil­li­ar­de Euro geschätzt. Der Groß­teil die­ser Sum­me ist von der Gene­ri­ka-Bran­che auf­zu­brin­gen, denn sie pro­du­ziert 80 Pro­zent der Arzneimittel.

Ver­sor­gungs­si­cher­heit in Gefahr

Wird die Finan­zie­rung der Richt­li­nie wie der­zeit geplant umge­setzt, wer­den die Kos­ten für die Pro­duk­ti­on lebens­wich­ti­ger Arz­nei­mit­tel emp­find­lich anstei­gen: Pro Tablet­te, so ers­te gro­be Rech­nun­gen, lie­gen die Mehr­kos­ten bei Stan­dard­wirk­stof­fen wie Par­acet­amol, Met­formin oder dem Anti­bio­ti­kum Amoxi­cil­lin bei 5 bis 44 Cent pro Tablet­te. Dies über­steigt die ohne­hin gerin­gen Gewinn­span­nen der Gene­ri­ka-Her­stel­ler deut­lich und macht die Pro­duk­ti­on vie­ler lebens­wich­ti­ger Medi­ka­men­te unrentabel.

Zwei Zah­len zur Einordnung:

  • Die gesam­te gene­ri­sche Indus­trie setzt pro Jahr mit rezept­pflich­ti­gen Arz­nei­mit­teln in Apo­the­ken ledig­lich 2,4 Mil­li­ar­den Euro (2023) um.
  • Die durch­schnitt­li­chen Kos­ten einer Tages­do­sis eines Gene­ri­kums lie­gen bei nur 6 Cent.

Die Fol­gen der mas­si­ven Mehr­be­las­tung sind abseh­bar: Her­stel­ler wer­den die betref­fen­den Arz­nei­mit­tel vom Markt neh­men müs­sen. Eine dra­ma­ti­sche Medi­ka­men­ten­knapp­heit wird die Fol­ge sein. Und zwar u. a. bei Krebs­mit­teln, Dia­be­tes-Medi­ka­men­ten und Antibiotika.

Dazu sagt Bork Brett­hau­er, Geschäfts­füh­rer von Pro Gene­ri­ka: „Was wir der­zeit an Eng­päs­sen erle­ben, ist nur die Ouver­tü­re für das, was kom­men wird. Wenn die Richt­li­nie so umge­setzt, wie es der­zeit aus­sieht, wird es einen Tsu­na­mi an Eng­päs­sen geben.

Zwei­fel­haf­te Rechtsgrundlage

Seit Jah­ren weist sein Ver­band bei poli­tisch Ver­ant­wort­li­chen auf die Fol­gen der Richt­li­nie für die Ver­sor­gungs­si­cher­heit hin und moniert die Grund­la­ge der Ent­schei­dung, die die Kos­ten der vier­ten Klär­stu­fe unfair verteilt.

In der Kri­tik ist beson­ders das Prin­zip der Her­stel­ler­ver­ant­wor­tung, das der Finan­zie­rungs-Ent­schei­dung zugrun­de liegt, und in den Augen von Pro Gene­ri­ka völ­lig unan­ge­bracht ist. Schließ­lich stam­men die Mikro­ver­un­rei­ni­gun­gen, um die es geht, nicht aus Pro­duk­ti­ons­ab­wäs­sern der phar­ma­zeu­ti­schen Indus­trie. Sie stam­men viel­mehr aus­schließ­lich aus den Aus­schei­dun­gen der Pati­en­tin­nen – also aus dem nor­ma­len Gebrauch von Medikamenten.

Ein­sei­ti­ge Belas­tung der ein­zel­nen Branchen

Dar­über hin­aus hat die vier­te Rei­ni­gungs­stu­fe der Klär­an­la­gen eine Wir­kung, die über Kos­me­ti­ka und phar­ma­zeu­ti­sche Stof­fe hin­aus­geht: So fil­tert sie auch ande­re Mikro­schad­stof­fe aus dem Abwas­ser — Ver­un­rei­ni­gun­gen näm­lich, die aus der Land­wirt­schaft oder aus Lacken, Far­ben oder Gum­mi­ab­rieb und somit aus Quel­len stam­men, deren Ver­ur­sa­cher nicht an den hohen Aus­bau- und Betriebs­kos­ten betei­ligt wer­den sollen.

Brett­hau­er dazu: „Das bedeu­tet, dass die Gene­ri­ka-Her­stel­ler eine unver­hält­nis­mä­ßi­ge finan­zi­el­le Last tra­gen würden!“

Appell an die Bundesregierung

Nach­dem die Bun­des­re­gie­rung bei der Abstim­mung am 5. Novem­ber nicht gegen die Richt­li­nie gestimmt hat, ist völ­lig offen, wie die geplan­te Fina­zie­rung der Richt­li­nie erfol­gen — und gleich­zei­tig die Ver­sor­gung der Men­schen in Deutsch­land mit lebens­wich­ti­gen Gene­ri­ka sicher­ge­stellt wer­den kann. 

Brett­hau­er „Die Bun­des­re­gie­rung ist dafür ver­ant­wort­lich, dass die Men­schen in Deutsch­land gut mit Arz­nei­mit­teln ver­sorgt wer­den. Sie muss der ein­sei­ti­gen Belas­tung der Gene­rik­aun­ter­neh­men ent­ge­gen­wir­ken und die zu erwar­ten­den Aus­wir­kun­gen auf die Ver­sor­gungs­si­cher­heit in Deutsch­land eng im Blick behal­ten.” Natür­lich sei es auch Auf­ga­be der EU, die Aus­wir­kun­gen der Richt­li­nie auf die Arz­nei­mit­tel­ver­sor­gung früh­zei­tig zu eva­lu­ie­ren und Eng­päs­sen ent­ge­gen zu steuern.

Brett­hau­er wei­ter: „Die Erwei­te­rung der Klär­an­la­gen ist unbe­strit­ten wich­tig für den Umwelt­schutz. Doch die Umset­zung darf nicht zu Las­ten der Ver­sor­gungs­si­cher­heit gehen. Eine sinn­vol­le Kos­ten­re­ge­lung und rea­lis­ti­sche Rah­men­be­din­gun­gen für die Gene­ri­ka-Indus­trie sind uner­läss­lich, um die Gesund­heits­ver­sor­gung der Bevöl­ke­rung nicht zu gefährden.”

War­um sind die Anti­bio­ti­ka knapp?

In unse­ren Apo­the­ken sind Anti­bio­ti­ka zur Man­gel­wa­re gewor­den. Wor­an liegt das und wie lässt sich das ändern? Eine mul­ti­me­dia­le Spu­ren­su­che mit Welt­kar­te — die­se zeigt, wo die wich­tigs­ten Anti­bio­ti­ka pro­du­ziert werden.

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